1. Inkrafttreten
Am 30. Januar 2020 hat das Berliner Abgeordnetenhaus das Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG) beschlossen. Das MietenWoG tritt gemäß Art. 4 Abs. 1 MietenWoG am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Das Gesetz ist am 23. Februar 2020 in Kraft getreten.
2. Anwendungsbereich, § 1 MietenWoG
Das Gesetz gilt gemäß § 1 MietenWoG für Wohnraum, mit Ausnahme
- von Wohnraum des öffentlich geförderten Wohnungsbaus,
- von Wohnraum, für den Mittel aus öffentlichen Haushalten zur Modernisierung und Instandsetzung gewährt wurden und der einer Mietpreisbindung unterliegt,
- von Wohnraum, der ab dem 01. Januar 2014 erstmalig bezugsfertig wurde oder im Einzelfall sonst dauerhaft unbewohnbarer und unbewohnter ehemaliger Wohnraum, der mit einem dem Neubau entsprechenden Aufwand zu Wohnzwecken wiederhergestellt wird,
- von Wohnraum in einem Wohnheim und
- von Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein anerkannter Träger der Wohlfahrtspflege zur Überlassung an Personen mit dringendem Wohnbedarf, mit Pflege- oder Teilbedarf mietet oder vermietet.
3. Mietenstopp – § 3 MietenWoG
§ 3 MietenWoG sieht einen Mietenstopp vor. Die bestehende Miete ist für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Inkrafttreten des MietenWoG auf dem Stand der am 18. Juni 2019 (Stichtag) geschuldeten Nettokaltmiete „eingefroren“. Dies gilt auch für Staffel- oder Indexmietvereinbarungen.
Wird Wohnraum, der zum Stichtag noch nie als Wohnraum vermietet war, zwischen dem Stichtag und dem Inkrafttreten des MietenWoG erstmalig vermietet, so gilt die zwischen den Parteien wirksam vereinbarte Miete als maßgebliche Miete.
Wird Wohnraum nach dem Stichtag wiedervermietet und besteht das Mietverhältnis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MietenWoG fort, so gilt die zwischen den Parteien wirksam vereinbarte Miete als maßgebliche Miete.
Beträgt die zulässige Miete weniger als EUR 5,02 m²/monatlich und weist die Wohnung zwei moderne Ausstattungsmerkmale gemäß § 6 Abs. 3 MietenWoG auf, so erhöht sich die zulässige Miete bei Wiedervermietung um EUR 1,00 m²/monatlich, maximal jedoch auf EUR 5,02 m²/monatlich.
Ab dem 1. Januar 2022 erhöhen sich die vorgenannten Höchstwerte jährlich um einen Inflationsausgleich, höchstens jedoch um 1,3%. Zu berücksichtigen ist insofern aber, dass die in § 6 MietenWoG genannten Obergrenzen nicht überschritten werden dürfen. Die für das Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung stellt den maßgeblichen Prozentsatz durch Rechtsverordnung fest.
Die Gesetzesbegründung weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Regelung um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB handelt. Dies bedeutet, dass das Rechtsgeschäft insoweit nichtig ist, als gegen das Verbot verstoßen wird. Wenn die Überschreitung der Stichtagsmiete nicht genehmigt wurde (§ 8 MietenWoG), kann der Mieter die ohne Rechtsgrund gezahlte überhöhte Miete nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts zurückfordern. Daneben ist ein behördliches Einschreiten bei Verstößen gegen das MietenWoG möglich.
4. Mietobergrenzen bei Neuvermietung – § 4 MietenWoG
§ 4 MietenWoG enthält Regelungen zur Mietobergrenze bei Neuvermietungen. Wird Wohnraum nach Inkrafttreten des MietenWoG wieder vermietet oder wird der Wohnraum, der zuvor noch nie als Wohnraum vermietet war, erstmalig vermietet, so ist unbeschadet der Regelungen in § 3 MietenWoG für dieses und alle nachfolgenden Mietverhältnisse eine Miete verboten, welche die Mietobergrenzen des §§ 6, 7 MietenWoG überschreitet. Eine Differenzierung nach Lage und Ausstattung der Wohnung findet nicht statt. Wenn die Stichtagsmiete nach § 3 MietenWoG geringer ist als die Mietobergrenze nach §§ 6, 7 MietenWoG, so gilt die Stichtagsmiete. Liegt die Stichtagsmiete hingegen über der sich aus §§ 6, 7 MietenWoG ergebenden Mietobergrenze, so kann lediglich eine Miete in Höhe der Mietobergrenze verlangt werden.
§ 6 Abs. 1 MietenWoG koppelt die Mietobergrenze an die erstmalige Bezugsfertigkeit und bestimmte Ausstattungsmerkmale (Sammelheizung und Bad) gemäß der Auflistung.
Liegt der Wohnraum in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, so erhöht sich die Obergrenze des § 6 MietenWoG um einen Aufschlag von 10%.
Bei Wohnungen mit einer modernen Ausstattung erhöht sich die Mietobergrenze um EUR 1,00. Hierfür muss die Wohnung wenigstens drei der fünf folgenden Merkmale aufweisen:
- schwellenlos von der Wohnung und vom Hauseingang erreichbarer Personenaufzug,
- Einbauküche,
- hochwertige Sanitärausstattung,
- hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume,
- Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 kWh/(m² a).
5. Überhöhte Mieten – § 5 MietenWoG
§ 5 MietenWoG enthält Regelungen zur Kappung überhöhter Mieten. Die Vorschrift sieht vor, dass eine überhöhte Miete verboten ist. Der Anwendungsbereich beschränkt sich gemäß der Gesetzesbegründung auf solche Mieten, die nicht schon von Gesetz wegen durch die Mietobergrenze gedeckelt sind. Die Vorschrift sieht die Kappung somit nur in Bestandsmietverhältnissen vor, also für Mietverträge über Wohnraum, der nicht nach Inkrafttreten des Gesetzes wiedervermietet oder erstmalig vermietet wurde.
Eine überhöhte Miete liegt vor, wenn die zulässige Obergrenze aus §§ 6, 7 MietenWoG um mehr als 20% überschritten wird. Bei der Berechnung der Obergrenze ist die Wohnlage zu berücksichtigen. Bei einfachen Wohnlagen und bei mittleren Wohnlagen sind von der Obergrenze EUR 0,28 bzw. EUR 0,09 abzuziehen. Bei guten Wohnlagen sind EUR 0,74 auf die Obergrenze aufzuschlagen. Die Senatsverwaltung wird ermächtigt, die Wohnlagezuordnung durch Rechtsverordnung festzulegen. Eine solche Festlegung ist noch nicht erfolgt, so dass bisher unklar ist, in welchem Gebiet eine einfache, mittlere oder gute Wohnlage besteht.
Die für das Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung überwacht die Einhaltung des Verbots. Sie kann von Amts wegen alle Maßnahmen treffen, die insoweit zur Durchsetzung erforderlich sind. Hierzu sollen nach der Gesetzesbegründung insbesondere auch Verwaltungsakte gehören, die den zulässigen Mietpreis feststellen.
Zu beachten ist ferner, dass diese Regelung erst neun Monate nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft tritt (Art. 4 Abs. 1 MietenWoG). Der Mieter kann also erst nach dem vorgenannten Zeitraum einen Anspruch auf Reduzierung der überhöhten Miete geltend machen bzw. muss erst ab diesem Zeitpunkt die überhöhte Miete nicht mehr zahlen. Anders als im ursprünglichen Gesetzesentwurf ist eine behördliche Senkung auf Antrag der Mieter nicht mehr vorgesehen.
6. Auskunftspflichten
Mieter und Vermieter sowie die für diese handelnde Personen (die Gesetzesbegründung zählt hierzu „beispielsweise Hausverwalter oder sonstige Beauftragte“) sind gemäß § 2 Abs. 3 S. 3 MietenWoG verpflichtet, der zuständigen Stelle auf Verlangen die zur Einhaltung der Vorschriften des Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Wird dieser Pflicht zur Mitwirkung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig nachgekommen, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 MietenWoG).
Der Vermieter hat dem Mieter gemäß § 3 Abs. 1 MietenWoG unaufgefordert vor Abschluss eines neuen Mietverhältnisses und jederzeit auf Verlangen des Mieters oder des zuständigen Bezirksamtes die zum Stichtag vereinbarte oder geschuldete Miete schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 MietenWoG handelt der Vermieter ordnungswidrig, wenn er der Pflicht zur Mitteilung nach § 3 Abs. 1 MietenWoG nicht, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommt.
Des Weiteren ist der Vermieter gemäß § 6 Abs. 4 MietenWoG verpflichtet, den Mieter unaufgefordert innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes Auskunft über die zur Berechnung der Mietobergrenze maßgeblichen Umstände zu erteilen. Die gleiche Pflicht trifft den Vermieter neuen Mietern gegenüber vor Vertragsabschluss. Der für das Wohnungswesen zuständigen Senatsverwaltung hat der Vermieter auf deren Verlangen in jedem Fall diese Auskunft zu erteilen. Die Nichterteilung, die nicht richtige oder nicht vollständige Auskunftserteilung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 MietenWoG).
Ferner muss der Vermieter eine Erhöhung der Miete wegen durchgeführter Modernisierungsmaßnahmen nach § 7 („Miete nach Modernisierung“) der Investitionsbank Berlin anzeigen. Erfolgt die Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig, so liegt ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit vor (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 MietenWoG).
7. Miete nach Modernisierung – § 7 MietenWoG
Gemäß § 7 MietenWoG erhöht sich im Fall der Modernisierung (auch einer mehrfachen) gemäß der aufgeführten Maßnahmen die Miete gemäß § 3 und § 6 MietenWoG „um nicht mehr als EUR 1,00 pro Quadratmeter“.
8. Härtefälle – § 8 MietenWoG
Die Investitionsbank Berlin kann zur Vermeidung einer unbilligen Härte auf Antrag des Vermieters für das laufende Mietverhältnis eine höhere als die nach den §§ 3 bis 6 MietenWoG zulässige Miete genehmigen, soweit dies aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen, erforderlich ist. Im Verantwortungsbereich des Vermieters können dabei zum Beispiel liegen: Wertsteigerungserwartungen, Renditeerwartungen, Finanzierungskosten außerhalb des Marktüblichen, Ertragserwartungen, denen auch unabhängig von diesem Gesetz überhöhte Mieten zugrunde liegen, Verluste, die durch die Aufteilung von Wirtschaftseinheiten entstehen.
Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die Beibehaltung der nach den §§ 3 bis 6 MietenWoG zulässige Miete auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter oder zur Substanzgefährdung der maßgeblichen Wirtschaftseinheit führen würde. Ein Verlust liegt nach dem Gesetz vor, wenn die laufenden Aufwendungen die Erträge für die maßgebliche Wirtschaftseinheit übersteigen. Eine Substanzgefährdung ist gegeben, wenn die Erträge aus der Wirtschaftseinheit für die Erhaltung nicht mehr ausreichen.
9. Rechtsbehelfe – § 10 MietenWoG
Rechtsbehelfe gegen behördliche Maßnahmen und Entscheidungen haben gemäß § 10 Abs. 2 MietenWoG keine aufschiebende Wirkung. Diese muss der Vermieter gegebenenfalls beantragen.
10. Ordnungswidrigkeiten – § 11 MietenWoG
Verstöße gegen das Gesetz werden mit Bußgeldern bis zu EUR 500.000,00 sanktioniert. Insbesondere wird neben den unter Nr. 6 genannten Verstößen gegen Mitwirkungs-, Mitteilungs- und Auskunftspflichten auch das Fordern und Entgegennehmen von einer höheren als der nach §§ 3 bis 7 MietenWoG zulässigen Miete geahndet (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 MietenWoG).
Fraglich ist in diesem Zusammenhang u.a., wie man ein Entgegennehmen verhindern kann, wenn ein Mieter die vereinbarte Miete zahlt, die über der nach dem MietenWoG zulässigen Miethöhe liegt. Unklar ist auch, ob der Verwalter eine Ordnungswidrigkeit begeht, wenn er die überhöhte Miete entgegennimmt.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass die §§ 9 bis 11 auch nach dem Außerkrafttreten anzuwenden sind, soweit und solange sie Wirkung für den Geltungszeitraum dieses Gesetzes entfalten (Art. 4 Abs. 2 MietenWoG). Dies bedeutet, dass die Bußgeldvorschriften auch nach Außerkrafttreten des Gesetzes in Kraft bleiben, soweit sie sich auf Ordnungswidrigkeiten während der Geltungsdauer des Gesetzes beziehen.