Bereits seit langem ist umstritten, wie der Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie der personenbezogenen Daten nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO zu verstehen ist. Vielfach wird versucht diesen Anspruch zu nutzen, um an Kopien von Dokumenten zu kommen, welche anderenfalls nur kostenpflichtig zur Verfügung gestellt werden, z.B. Kontoauszüge oder Patientenakten, aber auch in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen wird immer wieder um die Herausgabe der Kopie der personenbezogenen Daten gerungen.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Frage vom Österreichischem Bundesverwaltungsgericht schlussendlich dem EuGH vorgelegt worden ist (Rechtssache C-487/21). Zu dieser Frage hat sich nunmehr der Generalanwalt Giovanni Pitruzzella in seinem Schlussantrag geäußert. Erfreulicherweise fällt diese Äußerung zugunsten der Verantwortlichen aus.
Hintergrund
Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat jede betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlich eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende Daten Verarbeitet werden. Sofern dies der Fall ist, sind weitergehende Auskünfte in Bezug auf diese personenbezogenen Daten zu erteilen. So weit, so klar. Interessant wird es bei Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO, wonach der Verantwortliche eine kostenfreie Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellen muss. Auch deutsche Gerichte haben sich mit dieser Frage schon hinreichend beschäftigt (vgl. unseren Beitrag vom 21. Juli 2021). Dahinter steht der Streit, ob eine Kopie des gesamten Dokuments, in dem die personenbezogenen Daten enthalten sind, herauszugeben ist oder lediglich die personenbezogenen Daten selbst.
Diese Frage ist keineswegs rein theoretischer Natur, da die Herausgabe von Kopien der Dokumente zum einen erheblichen Aufwand bei dem Verantwortlichen verursacht. So wird vor allem in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vermehrt die Herausgabe der Kopien sämtlicher E-Mails der betroffenen Person gefordert, da diese ja deren personenbezogene Daten enthalten würde. Zum anderen ist die Herausgabe von Kopien von Dokumenten zum Teil gem. AGB oder Gesetze kostenpflichtig, z.B. Patientenakte. Betroffene Personen versuchen nun durch den Anspruch nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO kostenfrei an diese Kopien heranzukommen.
Stellungnahme des Generalanwalts
In seinen Schlussanträgen hat sich der Generalanwalt deutlich zu dieser Frage positioniert. Nachdem er zunächst die Begriffe „Kopie“, „personenbezogene Daten“ und „Verarbeitung“ ausgelegt hat, stellt er fest,
„dass die ‚Kopie der personenbezogenen Daten‘ eine getreue Wiedergebe dieser Daten sein muss.“
Der Verantwortliche muss danach bei seiner Zusammenstellung der personenbezogenen Daten beachten, dass diese vollständig und richtig ist. Dabei sind nicht nur die erhobenen Daten zu berücksichtigen, sondern auch selbst generierte Daten, z.B. Bewertungen.
Im weiteren Verlauf führt der Generalanwalt jedoch deutlich weiter aus:
„Da sich diese Bestimmung jedoch ausschließlich auf Kopien der personenbezogenen Daten bezieht, kann sie zum einen kein Recht auf Zugang zu Informationen begründen, die nicht als solche eingestuft werden können und verleiht zum anderen nicht – zwangsläufig – ein Recht auf Erhalt von Kopien von Dokumenten oder anderen Trägern, die personenbezogene Daten enthalten.“
Damit hat sich zumindest der Generalanwalt klar dahingehend positioniert, dass betroffene Person kein grundsätzliches Recht auf Herausgabe von Kopien von Dokumenten aus Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO haben. Der Generalanwalt betont jedoch auch, dass es Ausnahmen von diesem Grundsatz geben kann, wenn z.B. im Einzelfall die Herausgabe erforderlich ist, um die Verständlichkeit der herausgegebenen Daten herzustellen. Dann kann es auch erforderlich sind, vollständige Dokumente oder Auszüge aus einer Datenbank zu übermitteln.
In seinem Schlussantrag stellt der Generalanwalt ferner klar, dass nach seiner Ansicht Art. 15 Abs. 3 S.1 DSGVO kein eigenständiges Recht begründet, sondern lediglich das Recht aus Art. 15 Abs. 1 konkretisiert. Dies ist am Ende stimmig zu seiner Auffassung, dass grundsätzlich keine Kopien herauszugeben sind.
Praxishinweis
Die Schlussanträge des Generalanwalts bringen endlich Klarheit in eine seit Jahren diskutierte Frage und erhebliche Erleichterung für Verantwortliche. Es jedoch dennoch weiterhin darauf zu achten, dass personenbezogenen Daten vollständig herausgegeben werden. Dies kann insbesondere bei der Verarbeitung in verschiedenen Systemen noch immer zu einem erheblichen Aufwand führen. In diesem Zusammenhang sollte auch immer geprüft werden, ob die Herausgabe mit Blick auf § 34 Abs. 1 BDSG zum Teil verweigert werden kann.
Dennoch sollten Verantwortliche vor allem die Entscheidung des EuGHs in der Sache selbst abwarten bevor eventuell bestehende Prozesse umgestellt werden. Zwar folgt der EuGH mitunter dem Schlussantrag des Generalanwalts, sicher ist dies jedoch keinesfalls. Im vorliegenden Fall bleibt für die Verantwortlichen nur zu hoffen, dass der EuGH die Schlussanträge ebenfalls überzeugend findet. Bis dahin sollten Verantwortlich abwägen, welche Unterlagen sie den betroffenen Personen herausgeben. Gerne unterstützen wir Sie dabei.
Entschieden hat der EuGH vor kurzen die Fragen zum Umfang der datenschutzrechtlichen Auskunftspflicht über die Identität der Empfänger personenbezogener Daten. Darüber werden wir Sie in Kürze informieren.