Häufig sind M&A-Transaktionen nicht bereits mit dem Vollzug des Kaufvertrags erledigt. Oft ist der tatsächliche Auslöser kostspieliger Nachverhandlungen „Kaufreue“.
Bei M&A-Transaktionen geht es meist um hohe Beträge. Gerade auch deshalb kommt es im Nachgang häufig zu Uneinigkeiten zwischen den Transaktions-Parteien. Ansprüche aus und im Zusammenhang mit den Unternehmenskaufverträgen werden plötzlich diskutiert – nicht selten ist der wahre Grund des Streits aber Kaufreue.
Die häufigsten Gründe für diese Post Closing Disputes werden im folgenden Beitrag beleuchtet.
Die Berechnung des endgültigen Kaufpreises
Zumeist kann der exakte Kaufpreis eines Unternehmens nicht bereits bei Vertragsunterzeichnung festgesetzt werden. Gründe hierfür können sein, dass von den Parteien zwischen Unterzeichnung und Vollzug des Kaufvertrags noch Bedingungen zu erfüllen sind oder die Freigabe durch eine Kartellbehörde erfolgen muss. Wenn das so ist, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird ein Grundkaufpreis festgesetzt, der im weiteren Verlauf durch eine vertragliche Kaufpreisberechnungsmethode modifiziert wird, oder es wird vereinbart, einem Schiedsgutachter die Entscheidung über den finalen Kaufpreis zu überlassen. Probleme ergeben sich dabei dadurch, dass sich das Unternehmen in der Phase zwischen Vertragsschluss und Vertragsvollzug noch verändert. Das kann zu einem höheren Kaufpreis führen als vom Käufer erwartet, was wiederum typischerweise mit dem Vorwurf einhergeht, der Verkäufer hätte diese Erhöhung des Kaufpreises bewusst herbeigeführt.
Verletzung von Garantien
In der Praxis wird im Rahmen von M&A-Transaktionen häufig das gesetzliche Gewährleistungsrecht durch ein eigenständiges vertragliches Gewährleistungsregime ersetzt. Übliche Garantien des Verkäufers sind dabei insbesondere Garantien zu:
- Jahresabschlüssen der Zielgesellschaft (sog. Bilanzgarantie),
- dem rechtlichen Bestand und Status der Zielgesellschaft,
- Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf das operative Geschäft,
- Compliance sowie
- geistiges Eigentum.
Solche Garantieversprechen des Verkäufers über den Soll-Zustand des Unternehmens sind streitanfällig, da der Ist-Zustand vielfach vom Soll-Zustand abweicht. In diesem Fall liegt eine Garantieverletzung vor und der Käufer hat gegebenenfalls Anspruch auf Schadensersatz oder Beseitigung der Mängel.
Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten
Nicht selten versucht der Käufer, bei unzureichenden Rechten im Unternehmenskaufvertrag auf eine vorvertragliche Pflichtverletzung des Verkäufers abzustellen. Besonders relevant sind dabei die Aufklärungspflichten des Verkäufers als Teil der vertraglichen Nebenpflichten (i. S. von § 241 Abs. 2 BGB). Das Streitpotential ergibt sich hier zumeist daraus, dass die Offenlegung von Unternehmensinformationen stets im Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Käufers an einer umfassenden Aufklärung über das Unternehmen und dem Interesse des Verkäufers an einem möglichst lukrativen Einkauf steht. Die häufigsten Fragen in diesem Zusammenhang sind daher:
- Welche Auskünfte hätte der Verkäufer wirklich erteilen müssen?
- Sind die gegebenen Auskünfte bewusst irreführend oder sogar falsch?
- War für den Verkäufer erkennbar, dass die entsprechenden Auskünfte wesentlich für den Vertragsabschluss seitens des Käufers waren?
Freistellungsverpflichtungen
Mögliche Risiken des Käufers, die bereits im Vorfeld eines Kaufvertrags zum Beispiel durch eine Due Diligence bekannt werden, können durch eine Freistellungsklausel abgesichert werden. Eine solche Klausel begründet den Anspruch des Käufers darauf, mit bestimmten Risiken der Zielgesellschaft nicht belastet zu werden. Sie belässt diese beim Verkäufer. Klassische Freistellungsklauseln im Rahmen von M&A-Transaktionen umfassen Freistellungen von:
- Steuerverbindlichkeiten,
- Altlasten,
- Umweltrisiken oder
- von Rückforderungen öffentlicher Beihilfen.
Problematisch dabei ist, dass im deutschen Recht hierfür keine explizite gesetzliche Regelung existiert. Deshalb muss bereits im Unternehmenskaufvertrag auf eine möglichst genaue und umfassende Formulierung geachtet werden.
Sog. MAC-Klauseln
Für den Käufer besteht im Zeitraum zwischen Abschluss und Vollzug des Unternehmenskaufvertrages die Gefahr einer wesentlichen wirtschaftlichen Verschlechterung der Zielgesellschaft. Zur Vermeidung dieses Risikos hat sich die Aufnahme sog. Material Adverse Change/Material Adverse Event-Klauseln (kurz „MAC-Klauseln“) in den Vertrag bewährt. Ähnlich dem Prinzip einer Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB räumen sie dem Käufer bei Vorliegen eines sich negativ auf den Wert der Zielgesellschaft auswirkenden Ereignisses das Recht ein, vom Unternehmenskaufvertrag zurückzutreten. Streitanfällig sind diese Klauseln vor allem durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe.
Praxistipp
M&A-Transaktionen bergen auch noch „post closure“ in vielerlei Hinsicht ein hohes Streitpotential. Dem kann man präventiv durch ein besonderes Augenmerk auf die genaue Formulierung der Klauseln begegnen. Sollte es dennoch zu einem Rechtsstreit kommen, dominieren bei Post-M&A-Streitigkeiten Schiedsverfahren. Grund dafür ist vor allem die kürzere Verfahrensdauer und das bessere Verständnis für M&A-Themen. Allerdings sind Schiedsverfahren oftmals ineffizient – unter anderem wegen der unbeschränkten Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung. Eine strategische Beratung ist also für den Erfolg entscheidend.
Eine sehr genaue Formulierung und Gestaltung von Unternehmenskaufverträgen kann Streitigkeiten im Nachgang verhindern Gerne steht Ihnen Dr. Thomas Hausbeck, LL.M. für Fragen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Unternehmens(ver)kauf und Post Closing Disputes zur Seite.