Auf Instagram, TikTok oder YouTube erreichen Influencer Millionen von Menschen – ein nicht mehr wegzudenkender und oftmals lukrativer Werbekanal für Unternehmen. In letzter Zeit preisen Influencer vermehrt auch alkoholische Produkte als Afterwork Drinks oder In-Getränk auf Social-Media-Plattformen an. Dabei gibt es rechtlich einiges zu beachten – insbesondere, wenn von der Werbung auch Minderjährige angesprochen werden könnten.
Seit Monaten diskutiert die Werbebranche in Deutschland hitzig über die vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung geplanten Werbeverbote für Süßigkeiten und andere ungesunde Lebensmittel gegenüber Kindern in Fernsehen und Social Media. Auf TikTok und Instagram scheint sich indessen noch ein anderer Trend breit zu machen: Die Werbeindustrie nutzt das Internet zunehmend als zielgruppengenaue Werbefläche für alkoholische Getränke. Die Werbebotschaften sprechen oft vor allem die Bedürfnisse junger Erwachsener an, alkoholische Getränke werden als hippe Afterwork-Drinks und dekorative Lifestyle-Produkte inszeniert.
Grundsätzlich ist Alkoholwerbung in Deutschland rechtlich erlaubt, auch in sozialen Medien. Ein Gutachten des Deutschen Bundestags kam 2021 zu dem Ergebnis, dass ein vollständiges Verbot von Alkoholwerbung verfassungsrechtlich nicht zulässig wäre, sondern gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit verstoßen würde. Dennoch mehrten sich zuletzt auch kritische Stimmen.
Einschränkungen bei Alkoholwerbung gegenüber Minderjährigen
In der Tat gibt es bei Alkoholwerbung gewisse Einschränkungen: Alkoholwerbung darf sich in Rundfunk und Telemedien (dazu zählen auch soziale Netzwerke) nicht an Kinder und Jugendliche richten. Hierzu regelt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in § 6 Abs. 5, dass sich „Werbung für alkoholhaltige Getränke weder an Kinder oder Jugendliche richten, noch durch die Art der Darstellung Kinder und Jugendliche besonders ansprechen oder diese beim Alkoholgenuss darstellen darf.“ Wann eine Werbung an Minderjährige gerichtet ist, hängt vom Einzelfall ab. Allein der Umstand, dass ein Reel z.B. zur Tageszeit auf einem Instagram-Kanal ausgestrahlt wird, dürfte nicht reichen. Anders könnte es zu bewerten sein, wenn Alkoholwerbung auf Kanälen eingebunden wird, die sich von ihrer ganzen Gestaltung, ihrem Inhalt und Themen vorrangig an Jugendliche richten. Entscheidende Kriterien dabei sind die Jugendaffinität des beworbenen Produkts (Stichwort Alkopops), die jugendliche Aufmachung der Werbung, jugendlich wirkende Influencer und allgemeine Assoziationen mit Lebensumständen Minderjähriger.
Die Darstellung von exzessivem Alkoholgenuss verbietet zudem auch § 8 Abs. 10 des Medienstaatsvertrags (MStV), der bestimmt, dass die Werbung für alkoholische Getränke nicht den übermäßigen Konsum ebendieser fördern darf. Diese Vorschrift schützt also nicht nur Jugendliche und Kinder, sondern geht allgemein darüber hinaus.
Verhaltensregeln des Deutschen Werberates
Ergänzend hat der Deutsche Werberat, das Selbstregulierungsgremium der Branche, für soziale Netzwerke einen extra Werbekodex zur kommerziellen Kommunikation alkoholhaltiger Getränke erstellt.
Zum einen sollen auf Social-Media-Plattformen Altersbeschränkungen oder ein Altershinweis eingerichtet werden, um sicherzustellen, dass sich die Inhalte nur an Personen richten, für die der Kauf und Konsum gesetzlich erlaubt ist. Darüber hinaus soll das Weiterleiten oder Teilen von Beiträgen von den Herstellern alkoholhaltiger Getränke manuell moderiert werden, indem die Weitergabe an Personen unter 18 Jahren ausgeschlossen wird und gegebenenfalls gelöscht werden kann. Inhalte, die nicht vom werbenden Unternehmen, sondern von Dritten auf den Kanälen der Hersteller alkoholhaltiger Getränke platziert werden, müssen regelmäßig auf die Einhaltung der Kodizes der Werbewirtschaft überprüft werden. Darüber hinaus ist eine Informationspflicht für Hersteller alkoholhaltiger Getränke in ihren Social-Media-Auftritten vorgesehen. Nutzer sollen darüber informiert werden, dass Inhalte gelöscht werden können, sofern sie dem vorgegebenen Kodex widersprechen. In Abgrenzung zu sogenannten „Fanseiten“, die nicht vom Unternehmen kontrolliert werden können, sollten Hersteller alkoholhaltiger Getränke darauf hinweisen, dass sie der offizielle Betreiber und Verantwortliche des jeweiligen Angebots sind.
Die Regeln des Werberats sind jedoch nicht gesetzlich normiert. Bei Verstößen können Dritte eine Beschwerde beim Deutschen Werberat einreichen, der ein Beschwerdeverfahren einleitet. Im schlimmsten Fall droht betroffenen Unternehmen eine öffentliche Rüge, wenn sie eine Werbung nach Entscheidung durch den Werberat nicht einstellen oder ändern. Rechtliche Konsequenzen ergeben sich daraus aber nicht.
Ein Blick über die Landesgrenzen
Die Regelungen zur Alkoholwerbung sind in anderen Ländern wesentlich strenger. In der Schweiz beispielsweise dürfen Beiträge von Influencer*innen nur Angaben und Darstellungen enthalten, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften beziehen. Ein Hashtag à la #behappydrinkvodka wäre also untersagt. Und auch Stimmungsbilder oder Personen in Konsumszenen dürfen nicht abgebildet werden, gleiches gilt für Gewinnspiele mit Alkohol. Die Einhaltung der Regeln wird in der Schweiz von der Eidgenössischen Zollverwaltung überwacht, die in der Vergangenheit schon mehrfach Geldbußen gegen Influencer verhängt hat.
Ähnlich streng geht es auch in Frankreich zu: Zwar wurde ein vollständiges Alkoholwerbeverbot für Influencer erst kürzlich im Parlament abgeschmettert (anders als Influencerwerbeverbote für Schönheits-OPs und Nikotinbeutelchen, die demnächst kommen). Nach wie vor gilt aber das sog. Loi Evin, das strenge Regeln für Alkoholwerbung enthält (u.a. verpflichtende Gesundheitsbotschaften bei jeder Werbung). Anfang des Jahres entschied ein Pariser Gericht vor diesem Hintergrund, dass die Meta-Gruppe (Muttergesellschaft von Facebook und Instagram), 37 als illegal eingestufte Beiträge von Influencern auf Instagram entfernen muss, da in den Beiträgern unzulässig für alkoholische Getränke geworben wurde.
Und in Litauen und der Türkei ist Werbung für alkoholische Getränke sogar gänzlich verboten.
Im Ergebnis ist Alkohol-Werbung durch Influencer in Deutschland also weniger streng geregelt als in anderen Ländern. Ganz unbedacht sollten Unternehmen und Influencer hierzulande aber auch nicht agieren. Neben den ganz normalen Kennzeichnungspflichten bei Werbung in sozialen Netzwerken, müssen insbesondere die Einschränkungen von Medienstaatsvertrag und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag beachtet werden. Verstöße hiergegen können Abmahnungen zur Folge haben. Ob es darüber hinaus zu einer weiteren Regulierung von Alkoholwerbung in sozialen Medien kommen wird und ob die Stimmen nach einem gänzlichen Werbeverbot noch lauter werden, bleibt abzuwarten.