Einführung
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat am 02.03.2022 die vertraglichen Grundlagen für die Vergabe von Cloud-Leistungen durch die öffentliche Verwaltung veröffentlicht. Grundlage hierfür war der Beschluss des IT-Planungsrates vom 11.02.2022 (Beschluss 2022/01). Der IT-Planungsrat nahm die EVB-IT Cloud zur Kenntnis und empfahl seinen Mitgliedern die Nutzung der EVB-IT Cloud.
Somit stehen erstmalig standardisierte Einkaufsbedingungen für Cloudleistungen zur Verfügung. Berücksichtigt sind u.a. Leistungsqualität, Daten- und IT-Sicherheit sowie Kontrollrechte bei der Nutzung von Cloudleistungen. Damit ist eine große Lücke geschlossen worden.
Die EVB-IT Cloud erweitern die zehn bestehenden EVB-IT für IT-Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber. Die öffentliche Hand muss Vergaberecht anwenden. Das wirkt sich auf Einkauf und Vertragsgestaltung aus. Ab bestimmten Schwellenwerten ist das EU-Vergaberecht einschlägig (4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie Vergabeverordnung – VgV). Unterhalb der Schwellenwerte gelten über Haushaltsrecht ähnliche Vorschriften. In vielen Fällen stellen die im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) vorgesehenen Vertragstypen keine geeignete Grundlage für die Beschaffung von IT-Dienstleistungen und Lieferungen dar. Um den Bedarf an Verträgen bei Standardfällen in der IT-Beschaffung zu decken, sind die Ergänzenden Vertragsbedingungen (EVB-IT) entwickelt worden. Mit den EVB-IT Verträgen können einerseits oft nicht alle Besonderheiten des Einzelfalles abgedeckt werden. Andererseits sind viele Textbereiche im Einzelfall nicht einschlägig und sollten gelöscht werden, damit man die Übersicht behält. In der Praxis sind öffentlicher Auftraggeber und der Auftragnehmer daher gut beraten, genau zu prüfen ob und ggf. welche EVB-IT für die konkrete Leistung passend und angemessen sind. Auch wenn sich die Parteien gegen eine Nutzung der EVB-IT Verträge entscheiden, können diese in jedem Fall als „Check-Liste“ für einen individuellen Vertrag verwendet werden. EVB-IT eignen sich grundsätzlich gut für vergaberechtliche Verhandlungsverfahren.
Anwendungsbereich
Die EVB-IT Cloud sind für die Beschaffung von Cloudleistungen erarbeitet worden. Diese können bei der Beschaffung unterschiedlicher Lösungen wie Infrastructure as a Service (IaaS), Plattform as a Service (PaaS), Software as a Service (SaaS) und Managed Cloud Services (MCS) genutzt werden. Im Hinblick auf Fragen der IT-Sicherheit stellt Ziff. 1.2. der EVB-IT Cloud-AGB klar, dass der Auftragnehmer die Leistungen unter Einhaltung des bei Vertragsschluss geltenden Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue (Kriterienkatalog C5) erbringt.
Die EVB-IT Cloud beinhalten zunächst ein Vertragsmuster (EVB-IT Cloudvertrag). Der Vertrag bindet die EVB-IT Cloud-AGB i.d.R. mit ein. Die EVB-IT Cloud enthalten die Basisregelungen für die Leistungserbringung und bilden den Kern der EVB-IT Cloud. Bei Bedarf können auch die weiteren EVB-IT Cloud Dokumente, wie der „Kriterienkatalog für Cloudleistungen“ sowie die „Anlage auftragnehmerseitiger AGB“ mit einbezogen werden, vgl. Ziff. 1.2.1 des Vertragsmusters.
Der „Kriterienkatalog für Cloudleistungen“ bietet die Möglichkeit, differenzierte Vorgaben für die konkreten Cloudleistungen zu machen und von den Regelungen in den EVB-IT Cloud-AGB abzuweichen oder über diese hinauszugehen. Zudem bietet der Kriterienkatalog die Möglichkeit, in Bezug auf konkrete Leistungs- und Regelungsbereiche, auf weitere auftraggeberseitige Anlagen sowie gezielt auf einzelne Regelungen in auftragnehmerseitigen AGB zu verweisen.
Die sonstigen EVB-IT Verträge verfügen nicht über Anlagen wie der „Anlage auftragnehmerseitige AGB“. Die „Anlage auftragnehmerseitige AGB“ - bestehend aus Anhang I und II - soll eine Öffnung der EVB-IT Cloud für auftragnehmerseitige AGB ermöglichen. Aufgrund des hohen Standardisierungsgrades von Cloudleistungen kann es je nach Leistungsgenstand erforderlich sein, diese AGB von Cloudanbietern partiell einzubeziehen. Anhang I ermöglicht dabei eine nachrangige Einbeziehung der Gesamtheit der auftragnehmerseitigen AGB. Anhang I kann als Alternative zu Ziff. 1.2.4 des EVB-IT Cloudvertrages genutzt werden der ebenfalls die Möglichkeit vorsieht, auftragnehmerseitige AGB einzubeziehen. Anhang II sieht daneben eine auf einzelne Klauseln bezogene vorrangige Einbeziehung auftragnehmerseitiger AGB vor. Der EVB-IT Cloudvertrag sieht eine solche Möglichkeit selbst nicht vor. Somit kann eine vorrangige Einbeziehung nur anhand der „Anlage auftragnehmerseitige AGB“ erfolgen.
Die Hinweise zur Nutzung unterstützen bei der Anwendung und beim Ausfüllen der EVB-IT Cloud.
Evaluierung der EVB-IT Cloud nach 18 Monaten
Die EVB-IT Cloud sollen 18 Monate nach der Veröffentlichung einer erneuten Prüfung unterzogen werden und ggf. angepasst werden. Erfahrungen und Anregungen können dabei an DGI5@bmi.bund.de übermittelt werden.
Zusammenfassung
Auftraggeber sollten die EVB-IT vor der Ausschreibung prüfen, ob die EVB-IT als Grundlage bei IT-Ausschreibungen geeignet sind. Falls die EVB-IT als geeignet erscheinen, sollten nicht benötigte Textteile vom Auftraggeber gelöscht werden, damit die Textmenge reduziert wird. Alternativ kann es durchaus sinnvoll sein einen individuellen, passgenauen Vertrag für die Ausschreibung zu erstellen. Etwas Vorbereitung zahlt sich gerade im Streitfall aus. Wichtig sind auch suffiziente Anpassungsklauseln bei Leistungs- und Kostenänderungen.
Bieter/Auftragnehmer sollten sich auf die EVB-IT einstellen und dabei genau prüfen, ob Vorgaben sinnvoll gemacht worden sind. Unklarheiten müssen per Bieterfragen frühzeitig adressiert werden. Dabei sollte man der Vergabestelle schon konkrete Antwortvorschläge machen und eine „goldene Brücke“ bauen. Unsinnige bzw. rechtswidrige Vorgaben müssen (freundlich) gerügt werden, sonst kann man sich später nicht mehr auf diese Punkte berufen.