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29.12.2022

Das 1x1 des Lieferkettensorgfalts-pflichtengesetzes – Teil 2

Teil 2: Das Beschwerdeverfahren

Nachdem wir in unserem Beitrag vom 5. Oktober 2022 bereits über die wichtigsten Aspekte der Risikoanalyse informiert haben, möchten wir nunmehr einen näheren Blick auf das in den §§ 8 und 9 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) vorgesehene Beschwerdeverfahren werfen.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (nachfolgend „BAFA“) hat in diesem Zusammenhang mittlerweile eine erste Handreichung „Beschwerdeverfahren nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ veröffentlicht. Diese möchten wir zum Anlass nehmen, Ihnen die wichtigsten Aspekte – aufgrund der Fülle an Informationen und Anforderungen – verständlich aufzuzeigen. Der vorliegende Beitrag ist Teil einer Reihe („Das 1x1 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetztes“), welche sich näher mit dem LkSG und dessen konkreten Anforderungen auseinandersetzt, insbesondere um betroffenen Unternehmen eine erste Stützte zur Hand zu geben.

Ein erster Überblick

Das BAFA betitelt das Beschwerdeverfahren als ein „Kernelement der Sorgfaltspflichten“. Bereits unter diesem Hintergrund sind Unternehmen gut beraten, die sich aus dem LkSG ergebenden Pflichten gründlich und strukturiert umzusetzen.

Das Beschwerdeverfahren muss einerseits dazu geeignet sein, internen sowie externen Personen die Möglichkeit einer Beschwerde zur Verfügung zu stellen, wobei hierzu verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten, wie bspw. rein interne Beschwerdeverfahren, gleichwertige externe Verfahren oder eine Kombination aus Beidem in Betracht kommen. Da sich die einzelnen Sorgfaltspflichten des LkSG gegenseitig ergänzen, kann das Beschwerdeverfahren – in Vorbereitung auf eine durchzuführende Risikoanalyse – insbesondere als eine geeignete Informationsquelle zur Kenntnisnahme von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken angesehen werden.

Gemäß § 10 Abs. 1 LkSG sind Unternehmen zudem dazu verpflichtet, die Erfüllung sämtlicher Sorgfaltspflichten – dies schließt somit das Beschwerdeverfahren sowie die daraus resultierenden Maßnahmen ein – fortlaufend zu dokumentieren und diese für einen Zeitraum vom mindestens sieben Jahren aufzubewahren. Nach der Regelung des § 10 Abs. 2 LkSG muss zudem jährlich ein Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr erstellt und anschließend kostenfrei öffentlich zugänglich gemacht werden.

Anforderungen an die Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens

Da das Beschwerdeverfahren – wie bereits angeführt – sowohl internen als auch externen Personen zugänglich sein muss, sollte bei der Auswahl und Implementierung eines entsprechenden Mechanismus zunächst darauf geachtet werden, dass etwaige Hürden vorab ermittelt und bei der Gestaltung des Verfahrens bedacht werden. Wie noch näher aufzuzeigen sein wird, kann es insbesondere notwendig sein, das Beschwerdeverfahren auch auf besonders vulnerable Personengruppen auszurichten. Das LkSG verfolgt zudem einem risikobasierten Ansatz, weshalb es dennoch ratsam ist, die wichtigsten Zielgruppen für das Beschwerdeverfahren – auf Basis der Risikoanalyse – gesondert zu identifizieren und gerade diesen eine möglichst wirksame Kontaktmöglichkeit zur Verfügung zu stellen. Obgleich keine Pflicht dazu besteht, allen Zielgruppen die „gleiche“ Zugangsmöglichkeit zum Beschwerdeverfahren zu ermöglichen, müssen diese unterschiedlichen Zielrichtungen miteinander in Einklang gebracht werden. Ebenfalls muss das Beschwerdesystem anhand der real ermittelten Risiken ausgestaltet werden, was dazu führt, dass der Aufwand an die Ausgestaltung des Verfahrens mit der Schwere und Anzahl der ermittelten Risiken steigt.

Als „Kernpflicht“ ist zudem eine öffentlich verfügbare Verfahrensordnung zu erstellen, welche insbesondere die nachfolgenden Informationen beinhalten sollte:

  • Anwendungsbereich des Verfahrens;
  • Beschwerdekanäle sowie deren örtliche/zeitliche Verfügbarkeiten;
  • Zeitrahmen und Verfahrensschritte für die Bearbeitung von Beschwerden;
  • Ansprechpersonen und Zuständigkeiten;
  • Schutzmaßnahmen, welche der Benachteiligung oder Bestrafung aufgrund einer Beschwerde entgegenwirken.

Auch soweit ein externes Beschwerdeverfahren genutzt wird, sollten entsprechende externe sowie – zur weiteren Ermittlung – interne Ansprechpartner eindeutig benannt sein.
Da einige Aspekte bei der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens seitens des BAFA besonders hervorgehoben werden, sollen diese nachstehend etwas detaillierter betrachtet werden.

Anforderungen an die beteiligten Personen

Insbesondere mit Blick auf die Eignung, Qualifikation und zeitliche Verfügbarkeit der Ansprechpersonen sind einige Aspekte zu beachten. Die Ansprechpersonen müssen zunächst unparteiisch handeln können. Dies bedeutet, dass sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben unabhängig sein müssen und zudem keinerlei Weisungen unterliegen dürfen. Ebenfalls müssen die Ansprechpersonen zur Verschwiegenheit verpflichtet sein, um etwaige Vertraulichkeitsdefizite auszuschließen. Ob und inwieweit gänzlich anonyme Beschwerden entgegengenommen werden, ist – im Gegensatz zu den Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes – dem jeweiligen Unternehmen selbst überlassen, wird seitens des BAFA jedoch „empfohlen“.

Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass die jeweiligen Personen angemessen geschult wurden und tatsächlich über ausreichend zeitliche Ressourcen verfügen, um den jeweiligen Sachverhalt entsprechend aufzuarbeiten.

Anforderungen an den Ablauf des Beschwerdeverfahrens

Auch der Ablauf des Beschwerdeverfahrens unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben. So müssen Unternehmen insbesondere gewährleisten, dass

  • hinweisgebende Personen eine Eingangsbestätigung über deren Beschwerde erhalten und ein kontinuierlicher Kontakt stattfindet, bzw. stattfinden kann;
  • die Beschwerde inhaltlich dahingehend geprüft wird, ob sie dem Anwendungsbereich des Beschwerdeverfahrens unterfällt;
  • der entsprechende Sachverhalt intern aufgearbeitet wird, insbesondere um einen realistischen Erwartungshorizont zu den zu ergreifenden Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu schaffen;
  • die Identität der hinweisgebenden Person vertraulich behandelt wird und
  • ein angemessener Schutz vor Benachteiligung oder Bestrafung besteht.

Optional besteht zudem die Möglichkeit, hinweisgebenden Personen ein Verfahren zur einvernehmlichen Streitbeilegung anzubieten. Der Fokus liegt hierbei insbesondere auf einer lösungsorientierten Kooperation sowie der Entwicklung angemessener Abhilfe- und/oder Präventionsmaßnahmen.

Anforderungen an die Zugänglichkeit des Beschwerdeverfahrens

Wie bereits aufgezeigt, sollten bei der Auswahl und Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens etwaige Hürden möglichst ausgeschlossen werden. Um das Vertrauen der – ggf. auch vulnerablen – Zielgruppen zu stärken, empfiehlt das BAFA in seiner Handreichung, Interessenvertretungen (bspw. Gewerkschaften oder Arbeitnehmervertretungen) in die Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens einzubinden. Als denkbare Hürden werden insbesondere angeführt:

  • Die Unbekanntheit des Verfahrens;
  • sprachliche Barrieren;
  • Einschränkungen durch mangelnde Lese- oder Schreibkenntnisse;
  • fehlendes Vertrauen in das Verfahren;
  • die Kostenpflichtigkeit des Verfahrens sowie
  • die fehlende Zugriffsmöglichkeit auf das Verfahren.

Da die Wirksamkeit eines Beschwerdeverfahrens maßgeblich (auch) von den vorgenannten Umständen abhängt, sollten die jeweiligen Kriterien nicht unbedacht „unterlaufen“ werden. Letztlich dient ein wirksames Beschwerdeverfahren auch dem jeweiligen Unternehmen selbst, da es auf diese Weise die Einhaltung der Compliance-Vorgaben nach dem LkSG nochmals erheblich fördern kann.

Praxishinweis

Da das LkSG – gerade auch im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren – eine Vielzahl an Anforderungen aufstellt, sollten etwaige Synergieeffekte möglichst sinnvoll genutzt werden. Es ist daher insbesondere ratsam zu prüfen, ob auf bereits bestehende Melde- oder Beschwerdekanäle aufgesetzt werden kann. Auch sollte unseres Erachtens evaluiert werden, ob bspw. die Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes („auf einen Wisch“) gemeinsam umgesetzt werden können.

Da – neben weiteren zu beachtenden Anforderungen – auch eine jährliche Wirksamkeitsprüfung des Beschwerdeverfahrens verpflichtend vorgesehen ist, sollte die Auswahl eines entsprechenden Kanals (bspw. in Form eines Tools) gründlich durchdacht werden. Hierzu ist unseres Erachtens eine professionelle Beratung unumgänglich, insbesondere um etwaigen behördlichen Beanstandungen oder gar Bußgeldrisiken entgegenzuwirken. Gerade da ein Beschwerdesystem regelmäßig mit der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten einhergeht, müssen auch arbeits- sowie datenschutzrechtliche Fragestellungen miteinander in Einklang gebracht werden.

Seitens SKW Schwarz wurde – um den etwaigen Handlungs- und Umsetzungsbedarf schnell und unkompliziert einzuschätzen – ein Quick-Check in Form eines Fragenkatalogs erarbeitet, welchen wir Unternehmen gerne zur Verfügung stellen. Nach einer ersten Auswertung stehen wir sodann gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung, um einen – auf das Unternehmen zugeschnittenen – praktikablen Weg zur Umsetzung des LkSG auszuarbeiten.

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