Alle News & Events anzeigen
10.10.2023

Wenn der M&A Deal platzt… Nicht selten kommt es zu mitunter horrenden Schadensersatzforderungen, wenn der M&A Deal platzt.

Nicht alle Unternehmensverkäufe enden erfolgreich. Unterschiedliche Vorstellungen über Vertragsbedingungen wie Kaufpreis, die Standortfrage, Personalien etc. können in verschiedenen Stadien zum Abbruch der Verhandlungen bzw. zum Platzen des M&A Deals führen.

Nicht selten platzt ein M&A Deal, etwa weil der verlangte Kaufpreis zu hoch ist oder keine Einigung über Garantien, Gewährleistungen oder Steuerfreistellungen erzielt werden kann. Aber auch die Eitelkeit der beteiligten Managements kann zum Scheitern führen: Wer bleibt und wer geht? Oder eine Partei will ein Joint Venture, für die andere kommt einzig eine Übernahme infrage. Nicht selten ist es auch schlicht die Standortfrage, die zum deal breaker wird, schließlich will jede Seite ihren Standort durchsetzen und bleibt hart. Oder aber die Parteien können sich nicht einigen, welche Werke, Produkte oder technischen Plattformen beibehalten oder geschlossen werden. Bricht eine der Parteien die Vertragsverhandlungen ab, ist in der Regel die andere Seite schnell mit der Forderung nach Schadensersatz bei der Hand.

I. Vor Vertragsschluss

Brechen die Verhandlungen noch vor Vertragsschluss ab, ist bereits die Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch problematisch. Zwar ergibt sich aus dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis der Parteien grundsätzlich die Möglichkeit eines Schadensersatzes. Doch gilt hierbei, dass Aufwendungen, die eine Partei im Hinblick auf einen beabsichtigten Vertragsschluss tätigt, dies auf eigenes Risiko tut. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) verhältnismäßig restriktiv ist, denn zum einen wären Kosten auch dann entstanden, wenn der Vertrag wie vereinbart vollzogen worden wäre. Zum anderen wären diese Kosten wahrscheinlich auch bei der Veräußerung an einen anderen Käufer entstanden. Ohne Vereinbarung einer Schadensersatzpflicht vor Beginn der Verhandlungen wird es also in aller Regel schwer, einen Schadensersatz für den Verhandlungsabbruch zu erhalten.

II. Nach Vertragsschluss

Aber selbst, wenn die Tinte unter dem Vertrag bereits trocken ist, kann der Deal noch platzen, beispielsweise wenn der vereinbarte Kaufpreis einfach nicht gezahlt wird – so unlängst geschehen bei der Heidelberger Druckmaschinen AG. Hier wurde im Rahmen der Restrukturierung und Transformation der Heidelberger Druckmaschinen AG der Verkauf der Gallus-Gruppe für 120 Millionen EUR an die Benpac Holding AG vereinbart. Doch die Käuferin zahlte nicht und das Geschrei war groß. Ähnliches erlebte 2020 die Fluglinie Condor, als die Eigentümer der polnischen Airline Lot einen Rückzieher machten. Laut Medien ist Condor allerdings zwischenzeitlich mit ihrer Klage über fast 56 Millionen EUR gescheitert.

Haben sich die Parteien auf den Verkauf eines Unternehmens im Ganzen oder zu Teilen geeinigt, so ist das Ausbleiben der vereinbarten Kaufpreiszahlung eine Vertragspflichtverletzung, die den Verkäufer berechtigt, vom Käufer eine Entschädigung für den entstandenen Schaden zu verlangen. Gleichwohl bleibt der Kaufvertrag erst einmal wirksam, weshalb der Verkäufer in diesem Fall nicht ohne Weiteres eine neue Transaktion mit einem anderen Interessenten beginnen oder wiederaufnehmen kann. Der Verkäufer muss dem Käufer daher eine Frist zur Vertragserfüllung setzen und kann erst nach deren erfolglosem Ablauf vom Vertrag zurücktreten. Erst danach kann sich der Verkäufer anderen Interessenten zuwenden und/oder Schadensersatz fordern. Alternativ kann der Verkäufer den Käufer auf Vollzug des Kaufvertrags und damit auf Zahlung der kompletten Transaktionssumme gerichtlich in Anspruch nehmen.

In aller Regel wird es jedoch nicht mehr zum Vertragsvollzug kommen. Zum einen, weil der Käufer das Unternehmen nicht (mehr) will, zum anderen, weil der Verkäufer den verkauften Betrieb bis zum Ausgang eines etwaigen Rechtsstreits weiterführen und vor allem finanzieren muss. Daher wird der Verkäufer in aller Regel den Rücktritt vom Vertrag erklären und im Weiteren Schadensersatzansprüche geltend machen. Dieser Schadensersatz kann neben den Transaktions- und M&A-Beraterkosten für die zweite M&A-Runde vor allem die Differenz zwischen dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis und dem Erlös aus dem Zweitverkauf umfassen.

Was auf den ersten Blick einfach klingt, ist jedoch in der Praxis nicht unproblematisch. Zwar ist es offensichtlich, dass beim Verkäufer ein Schaden entstanden ist, wenn er das Unternehmen beim zweiten Anlauf zu schlechteren Konditionen verkauft. Das Problem dabei ist in der Praxis jedoch die Beweisführung. Nicht selten entwickelt sich nämlich das Target nach dem gescheiterten Verkauf schlechter als geplant, insbesondere weil die anschließende Integration in die neuen Unternehmensstrukturen anders erwartet wurde. In solchen Fällen ist es aufwendig zu klären, ob es sich um einen Schaden handelt, für den der Käufer aufkommen muss – oder eben nicht.

Ein weiteres Beispiel betrifft sog. earn out-Klauseln, also Teile des Kaufpreises, die von bestimmten Meilensteinen abhängig sind und erst bei deren Erreichen gezahlt werden. Gibt es solche Vertragsbestimmungen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob sie bei der Berechnung des Schadens zu berücksichtigen sind.

Haben die Parteien die Möglichkeit eines Verhandlungsabbruchs o­der des Platzens des deals nicht bedacht und keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen, wird es schwierig, eventuelle Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Deshalb ist es unerlässlich, bereits bei der Vertragsausgestaltung für die größtmögliche Transaktionssicherheit zu sorgen. Dies erfolgt in der Regel vorab durch die Vereinbarung sog. Break up Fees, die festlegen, wie hoch der Schadensersatz mindestens ausfallen soll, wenn ein Vertragspartner vom Verkauf zurücktritt. Auch möglich sind Garantien oder Eigenkapitalzusagen, die im Streitfall die Durchsetzung von Ansprüchen absichern. Schließlich hat die Corona-Pandemie den Einsatz von Vertragsklauseln in das Blickfeld gerückt, die für den Fall des Eintritts einer wesentlichen und nachteiligen Veränderung (Material Adverse Change oder kurz MAC-Klauseln) gelten. Diese berechtigen die Vertragsparteien zum Rücktritt, sofern bestimmte, vorab vertraglich vereinbarte Ereignisse, wie etwa eine deutliche Verschlechterung der Geschäftszahlen oder der Eintritt anderer wirtschaftlicher und sogar politischer Ereignisse, eintreten.

Unabhängig davon hat der Käufer eines Unternehmens aber auch noch nach Abschluss des Kaufvertrages das Recht, einzelne Vertragsbedingungen nachzuverhandeln. Dass sich der Vertragspartner auf ein solches Begehren einlässt, dürfte zwar eher die Ausnahme sein, ist aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Letztlich ist jedoch jede M&A Transaktion ein Einzelfall. Sei es auch nur aufgrund von Faktoren außerhalb des Machtbereichs der Parteien. Weder Käufer- noch Verkäuferseite haben eine grundsätzlich stärkere Verhandlungsmacht, weshalb Pauschalisierungen und Standards vermieden werden sollten. Vielmehr ist es von enormer Bedeutung, dass jede Verkaufsverhandlung und jeder Kaufvertrag maßgeschneidert und der konkreten Situation angepasst geführt und formuliert werden.

Gerne steht Ihnen Dr. Thomas Hausbeck, LL.M. für Fragen im Zusammenhang mit einem Unternehmens(ver)kauf zur Seite, denn jeder M&A Deal beinhaltet aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung seine eigenen Fallstricke, die eine maßgeschneiderte Beratung und Begleitung verlangen.

    Teilen

  • LinkedIn
  • XING