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12.03.2025

Wir recyceln selbst! - OLG Frankfurt a.M. zu irreführender Bewerbung eines ökologischen Reinigungsmittels

Die Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) in Sachen „klimaneutral“ zu den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Werbung mit mehrdeutigen, umweltbezogenen Begriffen wird nun instanzgerichtlich umgesetzt. Nachdem das OLG Köln sich zu CO2-neutralen Reisen äußerte, hält nun auch das OLG Frankfurt a.M. mehrdeutige Werbeaussagen zur Umweltverträglichkeit von Recyclingmaterial aus dem gelben Sack, zu Recyclingbemühungen der Beklagten und zur Klimaneutralität für irreführend und überträgt die Maßstäbe auch auf Weblinks zu weiterführenden Informationen (OLG Frankfurt a. M. (6. Zivilsenat), Urteil vom 19.12.2024 – 6 U 33/24).

 

Werbeaussagen zu Schadstoffgehalt und Klimabilanz
Bei dem Streit zweier Hersteller ökologischer Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel vor dem Frankfurter Oberlandesgericht ging es um Werbeaussagen der Beklagten zu ihren Geschirrspülmittel-Flaschen. Konkret ging es um die Aussagen, es handele sich um die „ersten Recycling Flaschen“ von der Beklagten selbst, sie würde selbst recyceln, und dass „Recycling-PE“ aus dem gelben Sack immer Rückstände von synthetischen Duftstoffen, Schwermetallen, Pestiziden etc. enthalten könne.

Außerdem nutzte die Beklagte auf ihrer Homepage das „Klimaneutral“-Logo des Unternehmens ClimatePartners hinter dem sich bei einem Klick auf das eine Webseite mit weiterführenden Informationen aufrufen ließ. Die Klägerin hielt die Werbeaussagen und die Darstellung der Informationen zur „Klimaneutralität“ für irreführend.

 

Mehrdeutigen Umweltbegriff „Recycling-PE“ nicht ausreichend erklärt
Das OLG Frankfurt a.M. gab der Klägerin nun weitestgehend recht. Der Begriff „Recycling-PE“ sei im konkreten Kontext mehrdeutig. Er könne entweder bereits recyceltes Polyethylen oder das Ausgangsmaterial bzw. -plastik („PE“) aus dem Gelben Sack bezeichnen. Wenn, was die Beklagte gegen sich gelten lassen müsse, die Aussage in Bezug auf das bereits fertige Recyclat verstanden würde, sei dies irreführend, denn dieses Material berge jedenfalls dann kein höheres Risiko, Schwermetalle und/oder Pestizide zu enthalten, wenn das Ausgangsmaterial wie durch die Klägerin und nach dem Stand der Technik üblich hinreichend aufbereitet würde. Die Beklagte hätte diese Mehrdeutigkeit in der Werbung selbst eindeutig und klar auflösen müssen

 

Umweltbeitrag muss mehr als nur symbolisch sein
Auch die Aussage der Beklagten, sie recycle selbst, hält das Gericht für irreführend, weil die Verbraucher:innen erwarten würden, dass bereits ein nennenswertes Rückführungssystem bestehe und, dass das konkret abgebildete Produkt eine Umverpackung habe, die zumindest zu einem maßgeblichen Teil aus Recyclingmaterial bestehe. Die Beklagte hatte jedoch höchstens 150 Rückgabeboxen in kleinen und kleineren Biomärkten aufgestellt und der Anteil an selbst recycelten Flaschen sei deshalb bei deutlich unter 1 % gewesen. Zudem war eine große Zahl der beworbenen neuen Flaschen vollständig aus Neuplastik.

 

Deutliche Hinweise auf Links zu weiterführenden Informationen nötig
Das Gericht äußerte sich außerdem zu der – nicht entscheidungserheblichen – konkreten Darstellung der weiterführenden Informationen zur Klimaneutralität mittels eines hinter dem Klimaneutral-Logo hinterlegten Links. Eine Verlinkung sei zwar grundsätzlich zulässig, allerdings müsse diese hinreichend klar und deutlich sein. Die Verkehrskreise würden aber nicht erwarten oder regelmäßig schlicht herausfinden, dass hinter dem Logo ein entsprechender Link versteckt sei. Dazu sei ein klarer Hinweis auf die Verlinkung notwendig.

 

Fazit: Anforderungen an Umweltaussagen weiter konkretisiert

Das OLG Frankfurt a.M. führt die instanzgerichtliche Rechtsprechung zu BGH-„klimaneutral“ fort und zeigt, dass bei umweltbezogenen Begriffen, hier „Recycling-PE“, eine grundsätzliche Gefahr besteht, dass diese mehr als nur eine Bedeutung haben. Diese Mehrdeutigkeit muss bei umweltbezogener Werbung deshalb gleich mitgedacht werden und durch klarstellende Erklärungen an Ort und Stelle ausgeräumt werden. Wer einen Link zu weiterführenden Informationen nutzt muss ausreichend auf diesen hinweisen.

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