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17.04.2025

Mögliche Änderungen im Beschaffungswesen - ein Überblick zum Inhalt des Koalitionsvertrages 2025

In der vergangenen Woche haben CDU, CSU und SPD den neuen Koalitionsvertrag vorgestellt. Dabei hat sich die Große Koalition auf diverse Maßnahmen geeinigt, die das öffentliche Beschaffungswesen beeinflussen sollen. Die Parteien möchten dabei u.a. das Vergaberecht an diversen Stellen vereinfachen und entbürokratisieren. Zudem soll die Umsetzung von großen Infrastrukturmaßnahmen gefördert werden.

Nach aktuellem Stand möchte die Große Koalition in der kommenden Legislaturperiode folgende Punkte in Angriff nehmen: 

 

Vereinfachung des Vergaberechts 

Nach dem Koalitionsvertrag soll das Vergaberecht an vielen Stellen auf nationaler Ebene vereinfacht werden. Auch sollen Änderungen auf europäischer Ebene angestoßen werden. Die Koalitionspartner bekräftigen dabei, dass auch künftig mittelständische Interessen weiterhin im Fokus stehen. Es sind u.a. folgende Maßnahmen geplant: 

Anhebung der Wertgrenzen (Rz. 2069 ff): 
Der aktuelle Stand des Koalitionsvertrages sieht eine Anhebung der Wertgrenzen für Direktaufträge bei Liefer- und Dienstleistungen auf 50.000 Euro (netto) an. Für innovative Start-ups soll die Wertgrenze 100.000 Euro (netto) betragen.

 

Erhöhung der Schwellenwerte für Planerleistungen (Rz. 2071 f)
Die Parteien möchten sich künftig eine maßvolle Erhöhung der Schwellenwerte und eine getrennte Betrachtung von Planungsleistungen einsetzen. Hintergrund hierfür dürfte die vielseitig kritisierte Streichung von § 3 Abs. 7 S. 2 VgV (a.F.) sein (weitere Informationen hier). 

 

Sektorale Befreiungsmöglichkeiten (Rz. 20163 f)
Darüber hinaus möchten die künftigen Regierungsparteien sektorale Befreiungsmöglichkeiten vom Vergaberecht umsetzen. Hier bleibt abzuwarten, in welchem Umfang entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden können, da gerade im Oberschwellenbereich die EU-rechtlichen Vorgaben grundsätzlich beachtet werden müssen. 

 

Vereinfachungen hinsichtlich des Eignungsnachweises (Rz. 2082 f): 
Die Koalitionspartner planen zugleich eine Entlastung der Bieter. Diese sollen ihre Eignung möglichst bürokratiearm, mittelstandsfreundlich und digital nachweisen können. Hierfür sollen u.a. geprüfte Systeme zum Einsatz kommen.

 

Wegfall der aufschiebenden Wirkung gegen Entscheidung der Vergabekammern (Rz. 2084 ff.): 
Daneben plant die Koalition den Entfall der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen der Vergabekammern. 

Dies könnte dazu führen, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bieter vor den Oberlandesgerichten erheblich eingeschränkt werden und die Vergabesenate an Bedeutung verlieren. Sollte dieses Vorhaben umgesetzt werden, so könnten die Bieter u.U. lediglich einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens stellen. Der angegriffene Vertrag könnte allerdings bereits mit dem konkurrierenden Bieter geschlossen werden. 

Die Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten könnte dabei erhebliche Auswirkungen auf die Fortentwicklung und Vereinheitlichung der Rechtsprechung der Vergabenachprüfungsinstanzen haben, da die Vergabesenate an Bedeutung verlieren könnten.

 

Einführung eines strategischen Beschaffungsmanagements

Darüber hinaus planen die Koalitionsparteien die Einführung eines strategischen Beschaffungsmanagements (Rz. 2077 ff). Dabei sollen Behörden sollen künftig auf Rahmenverträge anderer öffentlicher Dienststellen und auf zentrale Einkaufsplattformen zurückgreifen dürfen. Zugleich soll die Bestellplattform des Bundes (Kaufhaus des Bundes) als digitaler Marktplatz für Bund, Länder und Kommunen genutzt werden. Darüber hinaus soll der IT-Einkauf des Bundes künftig zentral gesteuert werden. 

 

Förderung von Infrastrukturvorhaben (Infrastruktur-Zukunftsgesetz)

Nach dem Koalitionsvertrag (Rz. 1930 ff.) sollen zudem Regelungen geschaffen werden, die zu Vereinfachungen mit Blick auf die Umsetzung von Infrastrukturvorhaben aus dem Sondervermögen führen. Dies betrifft komplexe Infrastrukturvorhaben, wie die Errichtung von Brücken, Straßen und Schienen. Hierzu möchte die Große Koalition ein Gesetzespaket verabschieden, das Anpassungen in allen relevanten Rechtsgrundlagen sowohl oberhalb als auch unterhalb der EU-Schwellenwerte vorsieht. 

 

Einführung eines Bundestariftreuegesetzes 

Darüber hinaus soll die Tarifbindung weiterhin gestärkt werden. Vor diesem Hintergrund ist die Einführung des Bundestariftreuegesetzes (Rz. 553 f.) vorgesehen. Das Gesetz soll für Aufträge auf Bundesebene ab 50.000 Euro (netto) gelten. Für Start-ups, die innovative Leistungen erbringen, soll es ab einem Schwellenwert von 100.000 Euro (netto) greifen. Zugleich sollen die Nachweispflichten für mittelständische Unternehmen möglichst gering sein. 

 

Beschaffungen im Rüstungsbereich 

Die Koalition möchte zuletzt auch die Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen. Vor diesem Hintergrund soll ein rechtlicher Rahmen zur Beschleunigung von Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr geschaffen werden (Rz. 4207 ff.). Zugleich soll ein Bundeswehrinfrastrukturbeschleunigungsgesetz verabschiedet werden. Das Gesetz soll u.a. Ausnahmen hinsichtlich des Bau-, Umwelt- und Vergaberechts vorsehen. Dabei sollen die Belange der Gesamtverteidigung und militärischen Infrastrukturmaßnahmen künftig als überragendes öffentliches Interesse gelten und eine entsprechende Priorisierung erhalten. 

 

Fazit

Der Koalitionsvertrag 2025 sieht eine Reihe von Maßnahmen vor. Abzuwarten bleibt, wann die mit der Umsetzung begonnen werden kann. Die Mitglieder der Parteien stimmen derzeit über den Koalitionsvertrag ab. Die Abstimmungsergebnisse werden bis Ende April erwartet. Zugleich wird der CDU-Kandidat Friedrich Merz voraussichtlich Anfang Mai zum Bundeskanzler gewählt. 

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