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23.03.2022

Beteiligung an einer Komplementär-GmbH als Sonderbetriebsvermögen II?

Anmerkungen zu BFH Urteil vom 21.12.2021 – IV R 15/19

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes („BFH“) gehören zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft nicht nur die im Gesellschaftsvermögen stehenden Wirtschaftsgüter, sondern auch Wirtschaftsgüter, die einem Gesellschafter gehören, aber geeignet und dazu bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen, etwa ein Grundstück, das die Gesellschaft als Lagerplatz nutzt (sogenanntes „Sonderbetriebsvermögen I“) sowie Wirtschaftsgüter, welche zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft eingesetzt werden (sogenanntes „Sonderbetriebsvermögen II“ ). Der typische Fall für das Sonderbetriebsvermögen II ist die Beteiligung des Kommanditisten einer KG an der Komplementär-GmbH.

Dass dies aber nicht immer der Fall ist, ist dem Urteil des BFH vom 21.12.2021 (IV R 15/19) zu entnehmen, in dem er entschieden hat:

  1. Ob ein Wirtschaftsgut dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen ist, richtet sich maßgebend nach dem Veranlassungszusammenhang.
  2. Grundsätzlich ist die Kapitalbeteiligung des Kommanditisten an einer Kapitalgesellschaft dann nicht dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn diese Kapitalgesellschaft einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält. Dies gilt auch, wenn diese Kapitalgesellschaft als Komplementär-GmbH mit der betreffenden GmbH & Co.KG wirtschaftlich verflochten und diese Geschäftsbeziehungen aus Sicht der GmbH & Co.KG von nicht geringer Bedeutung sind.
  3. Dies gilt auch, wenn die einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhaltende Kapitalgesellschaft mit dem an ihr beteiligten Gesellschafter als Komplementär-GmbH eine zweigliedrige KG gründet.

Im vom BFH entschiedenen Fall bestand die A GmbH & Co.KG aus dem alleinigen Kommanditisten C und der Komplementär-GmbH B, an der C ebenfalls mehrheitlich beteiligt war. Die B-GmbH existierte dabei bereits vor der Gründung der A GmbH & Co. KG, war an weiteren Immobiliengesellschaften beteiligt und verfügte über erheblichen eigenen Grundbesitz; sie erledigte alle Verwaltungsaufgaben für die A GmbH & Co.KG mit ihren eigenen Angestellten. Später schenkte C seinen beiden Kindern je ca. 25 % Anteile an der B-GmbH und hielt damit selbst nur noch ca. 34 %. Diese Schenkung wurde bei einer späteren Betriebsprüfung als Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen II der A GmbH & Co.KG gewertet und die enthaltenen stillen Reserven der Besteuerung unterworfen. Neben den tatsächlich bestehenden Geschäftsbeziehungen als geschäftsführende Gesellschaft und der auch wirtschaftlich engen Verflechtung wurde hierfür auch die Zweigliedrigkeit der A GmbH & Co.KG ins Feld geführt – dort stelle eine Beteiligung an der Komplementär-GmbH stets eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.

Der BFH stellte im Urteil vom 21.12.2021 hierzu klar:

Für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern, und demnach auch Kapitalbeteiligungen, zum Sonderbetriebsvermögen II ist der Veranlassungszusammenhang maßgebend. Werden die Beteiligungen an Personengesellschaften nicht ausschließlich im Interesse der Personengesellschaft gehalten, ist für eine notwendige Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen II erforderlich, dass ein ganz überwiegender Veranlassungszusammenhang mit der Beteiligung an der Personengesellschaft besteht. Eine Stärkung kann etwa in dem wirtschaftlichen Vorteil für die Personengesellschaft selbst liegen oder darin, dass sie der Mitunternehmerstellung selbst dient, weil die eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Personengesellschaft gestärkt werden. In diesem Zusammenhang ist die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in der Regel nicht als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II zu werten, wenn diese neben ihren geschäftlichen Beziehungen zur KG oder neben ihrer Geschäftsführertätigkeit für die KG einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhält. Dem liegt nach Ansicht des BFH die Überlegung zugrunde, dass bei einem derartigen eigenen Geschäftsbetrieb grundsätzlich eine Gleichrangigkeit angenommen werden kann. Eine überwiegende Veranlassung durch die Mitunternehmerschaft ist dann idR nicht gegeben.

Auch wenn die Kapitalbeteiligung gerade zur Begründung der mitunternehmerischen Beteiligung (an der zweigliedrigen KG) eingesetzt wird, richtet sich die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen II nach dem Veranlassungszusammenhang.

Ob die Beteiligung an einer Komplementär-GmbH sogenanntes gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen II sein kann, konnte der BFH offen lassen, da die Beteiligung des Kommanditisten C in dem zu entscheidenden Fall gerade nicht in einer Sonderbilanz ausgewiesen war. Der BFH wies aber darauf hin, dass einzelne Senate des BFH diese Frage zuletzt nicht einheitlich beantwortet haben.

Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die tägliche Praxis?

Für Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft, die nur für die Komplementärstellung in der GmbH & Co.KG überhaupt gegründet wurden und die außer der Geschäftsführung für die KG keine weitere Tätigkeit entfalten, ergeben sich durch das BFH-Urteil keine Änderungen.

Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die die Komplementärstellung in einer KG einnehmen und daneben einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordneter Bedeutung unterhalten, werden allerdings nach dieser Entscheidung des BFH in der Regel nicht mehr als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II eingeordnet, wobei Diskussionen mit der Finanzverwaltung, wann ein Geschäftsbetrieb von nicht untergeordneter Bedeutung vorliegt, zu erwarten sind.

Ist die Beteiligung an einer Komplementär-GmbH, die über einen eigenen Geschäftsbetrieb von nicht untergeordneter Bedeutung verfügt aber bereits in einer Sonderbilanz ausgewiesen, ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob das Risiko einer steuerpflichtigen Entnahme besteht und wie einer Besteuerung der stillen Reserven begegnet werden kann.

Sollten Sie hierzu oder zu anderen steuerlichen Themen Fragen haben, so steht Ihnen unser Steuerteam jederzeit gerne zur Verfügung.

Autorin: Franziska Sontheim

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