Die Entwicklungen im Denkmalschutzrecht in den letzten 10 Jahren – Verbesserungen für Eigentümer denkmalgeschützter Immobilien?
Das deutsche Denkmalschutzrecht hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf Grund gesellschaftlicher, politischer und ökologischer Faktoren weiterentwickelt. Dabei spielen sowohl Reformen in den einzelnen Bundesländern, als auch internationale Einflüsse eine entscheidende Rolle. Europäische Programme wie „Creative Europe“ haben dazu beigetragen, Projekte zu finanzieren, die sich mit der Erhaltung und Förderung des kulturellen Erbes befassen.
Doch was hat sich konkret für die Eigentümer von denkmalgeschützten Immobilien in Deutschland verändert? Nachfolgend werden die wesentlichen Entwicklungen im deutschen Denkmalschutzrecht der letzten Dekade im Hinblick auf die Frage beleuchtet, wie Eigentümerinnen und Eigentümer denkmalgeschützter Immobilen von den „neuen“ Regelungen profitieren können.
Föderale Struktur und Reformen in den Bundesländern
Der Denkmalschutz in Deutschland ist gemäß Art. 70 Grundgesetz Ländersache. Jedes Bundesland hat ein eigenes Denkmalschutzgesetz, und diese Gesetze können teilweise stark voneinander abweichen. In den letzten zehn Jahren haben einige Bundesländer ihre Denkmalschutzgesetze überarbeitet, um den Anforderungen der Gegenwart an Denkmäler zu Themen wie Klimaschutz, Energieeinsparung, Barrierefreiheit und Nutzbarkeit in der digitalisierten Arbeitswelt besser gerecht werden zu können.
So hat Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 eine umfassende Reform des Denkmalschutzgesetzes beschlossen. Die Reform zielte unter anderem darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen Denkmalschutzbehörden, Eigentümern und Kommunen zu stärken sowie die Digitalisierung im Denkmalschutz voranzutreiben. Für Eigentümer denkmalgeschützter Immobilien dürfte dabei insbesondere die Neufassung der §§ 7 und 8 DSchG NRW von Interesse sein. So beinhaltet der „neue“ § 7 DSchG NRW neben der bereits allgemein bekannten Pflicht zum Erhalt des (Bau-)Denkmals den neu gefassten Absatz 3, wonach bauliche, technische und wirtschaftliche Maßnahmen, die Baudenkmäler in ihrem Bestand, ihrem Erscheinungsbild oder ihrem wissenschaftlichen Wert gefährden oder beeinträchtigen können auf den erforderlichen Umfang zu beschränken sind. Diese neu eingeführte – und bei Denkmalschutzverbänden sehr umstrittene –[1] Regelung erlaubt es den Gebäudeeigentümern – vereinfacht gesagt – solche baulichen Veränderungen am Baudenkmal vorzunehmen, die eine sinnvolle (Weiter-)Nutzung der Immobilie ermöglichen, beispielsweise durch baulichen Maßnahmen zur Schaffung von Barrierefreiheit oder energetische Maßnahmen.
Der ebenfalls neu gefasste § 8 Abs. 1 DSchG NRW sieht eine Art abgestuftes Nutzungssystem für Baudenkmäler vor. Grundsätzlich sollen diese möglichst entsprechend Ihrer ursprünglichen Nutzung (weiter) genutzt werden. Ist die nicht mehr möglich, soll die Eigentümerin eine der ursprünglichen gleiche oder gleichwertige Nutzung anstreben. Sofern auch dies nicht gelingt, soll nach Satz 3 eine Nutzung gewählt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der denkmalwerten Substanz auf Dauer gewährleistet (zum Beispiel Hotelbetrieb in einer Burg, Verwaltungszentrum in einem Schloss oder Vergleichbares).[2]
Ähnliche – aus Sicht der Denkmaleigentümer sehr begrüßenswerte – Reformen fanden in anderen Bundesländern ebenso statt, wie z.B. Brandenburg[3] und Baden-Württemberg[4].
Digitalisierung im Denkmalschutz
Ein sehr zentrales Thema der letzten zehn Jahre war die Digitalisierung des Denkmalschutzes. Moderne Technologien wie 3D-Scans, digitale Inventarisierung und virtuelle Archive ermöglichen nunmehr eine detailliertere Erfassung und Dokumentation von Kulturdenkmälern. Dies ist zwar keine direkte Änderung im Denkmalschutz, jedoch erleichtern diese Technologien die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Eigentümern. Die Digitalisierung ermöglicht insbesondere bei Bauvorhaben eine bessere Planungskoordination. Architekten und Stadtplaner können die Auswirkungen von Bauprojekten auf das Baudenkmal oder auf die denkmalgeschützte Umgebung (Stichwort Ensembleschutz) besser abschätzen und auch gegenüber den Genehmigungsbehörden verständlicher machen.
Klimawandel und nachhaltiger Denkmalschutz
Klimatische Veränderungen und die allgemein gestiegenen Anforderungen an ressourcenschonendes Wohnen und nachhaltige Gebäudenutzung haben das Denkmalschutzrecht ebenfalls stark beeinflusst. Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hitzewellen gefährden nicht nur viele historische Bauten, sondern wirken sich auch auf die Anforderungen aus, die Gebäudeeigentümer und Gebäudenutzer an Baudenkmäler stellen. Im Rahmen des Klimaschutzes wurde und wird daher zunehmend diskutiert, wie Denkmäler energetisch saniert werden können, ohne ihren historischen Wert zu verlieren. Positive Veränderungen, die den Eigentümern von denkmalgeschützten Gebäuden zumindest in rechtlicher Hinsicht energetische Sanierungen erleichtern, wurden in eine Vielzahl von Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer aufgenommen. So wurden beispielsweise in § 9 DSchG NRW (Erlaubnispflichten bei Baudenkmälern) die Belange des Klimas und des Einsatzes erneuerbarer Energien ausdrücklich als im Abwägungsprozess zu berücksichtigende Aspekte benannt. Brandenburg ist hier noch deutlich weitergegangen. Mit dem Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes wurde in § 9 des Brandenburgischen Denkmalschutzgesetzes eine Abwägungsregelung aufgenommen, wonach das überragende öffentliche Interesse an der Errichtung oder Veränderung von Anlagen zur Erzeugung oder Nutzung von erneuerbaren Energien in der Regel die Belange des Denkmalschutzes überwiegt, wenn die daraus folgende Beeinträchtigung des äußeren Erscheinungsbildes reversibel und nicht erheblich ist und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird. Insbesondere die Errichtung von Photovoltaikanlagen an denkmalgeschützten Gebäuden wird hierdurch den Eigentümern denkmalgeschützter Immobilien erheblich erleichtert.
Fazit
In den letzten zehn Jahren hat sich das deutsche Denkmalschutzrecht an viele neue gesellschaftliche, technologische und ökologische Anforderungen angepasst. Die Gesetzesreformen einiger Bundesländern, die verstärkte Nutzung digitaler Technologien und die zumindest teilweise erleichterte Erlaubniserteilung für energetische Maßnahmen and denkmalgeschützten Gebäuden haben den Denkmalschutz moderner und effektiver gemacht. Dennoch hinkt die Rechtslage und zum Teil auch die Genehmigungspraxis der Denkmalschutzbehörden den aktuellen gesellschaftlichen und vor allem auch klimatischen Entwicklungen erheblich hinterher. Ein besonders relevantes Problem ist der Interessenkonflikt zwischen dem Erhalt historischer Bausubstanz und dem Bedarf an neuem Wohnraum, insbesondere in Großstädten wie Berlin, München oder Hamburg. Gerade in diesen Gebieten wirkt sich der Denkmalschutz oftmals hemmend auf neue Bauprojekte aus, insbesondere bei geplanten Aufstockungen und Nachverdichtungen. Eine ausgewogene Balance zwischen den Belangen des Denkmalschutzes, den Interessen der Stadtentwicklung und der Eigentümer denkmalgeschützter Immobilien sollte für die Länder in den kommenden 10 Jahren das oberste Ziel sein.
[1] Denkmalschutz-Bündnis Nordrhein-Westfalen, Düsseldorfer Erklärung zur Zukunft des Denkmalschutzes in NRW v. 04.04.2022
[2], Drs. 17/16518 v. 10.02.2022 S. 48.
[3] GVBl.I/23, Nr.16 v. 30.06.2023
[4] GBI. S. 26, 42 v.07.02.2023