Banken werden zunehmend um die Auszahlung von Erbmasse ins Ausland gebeten. Solche Auszahlungen sind jedoch mit einem erheblichen Haftungsrisiko verbunden, wenn die Bank Vermögen ins Ausland transferiert oder einem ausländischen Berechtigten zur Verfügung stellt, bevor die durch den Erbfall ausgelöste Steuer entrichtet oder sichergestellt ist (§ 20 Absatz 4 Satz 2 ErbStG).
Voraussetzungen der Haftung
Voraussetzung für die Haftung ist, dass die Bank im Zeitpunkt der Überweisung in das Ausland oder der Zurverfügungstellung an einen ausländischen Berechtigten Gewahrsam beispielsweise an dem Bankguthaben, Wertpapierdepots und auch am Vermögen, das bei einer unselbständigen ausländischen Zweigniederlassung im Ausland verwahrt wird, besitzt.
Ein sog. „ausländische Berechtigter“ kann ein Erbe oder unter bestimmten Voraussetzungen ein Vermächtnisnehmer sein. Auch ein Erbteilkäufer oder ein aus einem Vertrag zugunsten Dritter Begünstigter mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland kann als "ausländischer Berechtigter" betrachtet werden.
Die Haftung der Bank besteht selbst dann, wenn ein ausländischer Begünstigter durch einen inländischen Bevollmächtigten handelt, sie entfällt jedoch, wenn sie einem inländischen Testamentsvollstrecker das Guthaben auszahlt oder Vermögenswerte auf Anweisung des inländischen Testamentsvollstreckers unmittelbar ins Ausland überweist oder diesen zur Verfügung stellt, da ein Testamentsvollstrecker nicht als Bevollmächtigter eines Berechtigten gilt, sondern kraft Amtes handelt.
Zudem setzt die Haftung der Bank vorsätzliches oder auch nur fahrlässiges Handeln voraus. Fahrlässiges Verhalten wird angenommen, wenn die Bank die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, insbesondere, wenn sie von dem Tod eines Kunden erfährt und dennoch eine Auszahlung oder Überweisung tätigt.
Folgen
Liegen die Voraussetzungen vor, so haftet die Bank mit dem Auszahlungsbetrag für die gesamte für den jeweiligen Erbfall geschuldete Erbschaftsteuer und ist nicht etwa nur für die anteilige Erbschaftsteuer, die sich auf die bei der Bank befindlichen Vermögenswerte bezieht. Bei einem Gemeinschaftskonto beschränkt sich in der Regel die Haftung auf den Anteil des Erblassers.
Unbedenklichkeitsbescheinigung
Um die Haftung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG zu vermeiden, sollte die Bank nach dem Tod eines Kunden vor einer Transaktion ins Ausland oder an einen ausländischen Berechtigten auf die Vorlage einer Unbedenklichkeitserklärung des zuständigen Finanzamts über die Entrichtung oder Sicherstellung der Erbschaftsteuer bestehen. Liegt diese Unbedenklichkeitsbescheinigung vor, so kann sie die Transaktion ins Ausland durchführen, ohne eine Haftung befürchten zu müssen.
§ 20 Abs. 7 ErbStG: Die Haftung nach Absatz 6 ist nicht geltend zu machen, wenn der in einem Steuerfall in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes gezahlte oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes wohnhaften Berechtigten zur Verfügung gestellte Betrag 600 Euro nicht übersteigt. Das gilt je Erbe.
Mit Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzem vom 17.07.2023 soll die Bagatellgrenze im Rahmen des „Wachstumschancengesetz“ von EUR 600 auf EUR 5000 erhöht werden
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