Zum 1. April 2024 ist in Deutschland das neue Cannabisgesetz (CanG) in Kraft getreten. Dieses enthält in Art. 1 CanG das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG) und in Art. 2 CanG das Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (Medizinal-Cannabisgesetz - MedCanG).
Cannabis ist dadurch aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes herausgenommen worden. Die Abkehr von der Einstufung von Cannabis als Betäubungsmittel hin zur Einstufung als Arzneimittel und die teilweise Entkriminalisierung stellt einen Wendepunkt der deutschen Drogenpolitik dar. Ziel ist es, den Schwarzmarkt zurückzudrängen und Gesundheitsrisiken, z.B. durch Verunreinigungen, zu minimieren.
Während zuvor der Umgang mit Cannabis einer europaweiten Ausschreibung des Bundesministeriums für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unterlag, erfolgt die Berechtigung nun über ein Erlaubnisverfahren. Dadurch sollen flexiblere Marktbedingungen und neue Produktionskapazitäten in Deutschland geschaffen werden.
Erlaubnis für den Umgang mit Medizinalcannabis gem. § 4 I MedCanG
Wollen Unternehmen Cannabis zu medizinischen oder medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken anbauen, herstellen, mit ihm Handel treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, sich verschaffen oder erwerben benötigen sie eine Erlaubnis nach § 4 MedCanG, welche auf Antrag vom BfArM, erteilt wird. Ausgenommen hiervon ist der Verkehr mit medizinischem Canabis bei Ärzten und in Apotheken, diese unterliegen der Überwachung der jeweiligen Landesbehörde.
Die anfallenden Kosten sind in einer besonderen Gebührenverordnung geregelt und bewegen sich i.d.R. im fünfstelligen Bereich (vgl. BMGBGebV Abschnitt 15). Genehmigungen, die vor Inkrafttreten des CanG nach BtMG ausgestellt wurden behalten ihre Gültigkeit. Pharmazeutische Großhändler, die eine Erlaubnis nach § 3 BtMG für den Binnenhandel haben wird auch eine Erlaubnis nach § 4 MedCanG erteilt, eine Antragstellung ist aber erforderlich (ohne eine Auflistung der Art von Cannabis, da vollumfängliche Erlaubnis erteilt).
Antrag und Inhalt der Erlaubnis
Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis muss u.a. eine Angabe der verantwortlichen Person und Nachweise wie ein Führungszeugnis oder die erforderliche Sachkenntnis zum Umgang mit Cannabis enthalten. Der erforderliche Nachweis der Sachkenntnis richtet sich nach § 7 III MedCanG. Je nach Umgang ist die Approbation als Apotheker, der Nachweis eines Studienabschlusses in den Fächern Biologie, Chemie, Pharmazie, Human- oder Veterinärmedizin oder der Nachweis einer Ausbildung als Kauffrau/Kaufmann im Groß- und Außenhandel und Bestätigung einer mind. einjährigen Tätigkeit im Arzneimittelverkehr erforderlich.
Die Erlaubnis enthält Informationen über die Lage der Betriebsstätten, die Angabe, ob der Umgang zu medizinischen oder medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken erlaubt wird, und welche Handlungen genau erlaubt werden sowie die Art an Cannabis mit der die erlaubten Handlungen vorgenommen werden dürfen. Zu beachten ist, dass im Fall des Anbaus mehrere Betriebsstätten eines Unternehmens nur in einer Erlaubnis zusammengefasst werden können, wenn sie sich in benachbarten Gemeinden befinden.
Wichtig für die Unternehmen ist also, eine Erlaubnis nach § 4 MedCanG zu beantragen und die Dokumentationspflichten (z.B. für Betriebsstätten oder Art von Cannabis) zu beachten. Bei Verstößen sind Bußgelder bis zu EUR 30.000 möglich.
Lagerung von Cannabisprodukten
Unternehmen müssen nach § 21 MedCanG geeignete Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen treffen, z.B. Lagerung in verschlossenen Behältnissen oder Räumen. Logistikunternehmen, die Cannabis für befugte Teilnehmer transportieren oder lagern oder aufbewahren benötigen keine Erlaubnis nach § 4 MedCanG, aber die Sendungen dürfen nicht länger als i.R.d. Weiterbeförderung erforderlich gelagert werden. Falls eine längere Lagerung erfolgt, ist eine eigene Erlaubnis erforderlich.
Vertrieb von Medizinalcannabis
Medizinalcannabis darf nur nach ärztlicher Verschreibung durch die Apotheke abgegeben werden, § 3 II 1 MedCanG. Die Apotheken unterliegen dabei nicht der Erlaubnispflicht (vgl. § 5 I Nr. 1 MedCanG), da sie ohnehin nach arzneimittelrechtlichen und apothekenrechtlichen Vorschriften überwacht werden.
Gem. § 3 I MedCanG darf Medizinalcannabis ausschließlich von Ärztinnen oder Ärzten verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verabreicht werden und unterliegt den allgemeinen Anforderungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Die Verschreibung muss dabei nicht an eine bestimmte Diagnose geknüpft werden; vielmehr entscheidet die Ärztin oder der Arzt allein, ob eine Therapie mit medizinischem Cannabis für erforderlich ist. Möglich ist die Ausstellung von Privatrezepten für Selbstzahler oder die Ausstellung erstattungsfähiger Rezepte durch die gesetzliche Krankenversicherung entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben der. Danach haben schwer erkrankte Versicherungsnehmer einen Anspruch auf die Versorgung mit Medizinalcannabis, wenn eine allgemein anerkannte Leistung nicht zur Verfügung steht oder nach ärztlicher Entscheidung nicht angewendet werden kann und eine (nicht ganz ausgeschlossene) Aussicht auf eine positive Einwirkung besteht. Dies ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Bisher musste die Verordnung von der Krankenkasse genehmigt werden. Ausnahmen bestehen seit Oktober 2024 für Ärztinnen und Ärzte, die bestimmte Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung führen; eine Erstgenehmigung durch die Krankenkasse ist in diesen Fällen nicht mehr erforderlich. Dies soll dafür sorgen, administrative Hürden abzubauen und Verzögerungen zu verhindern, sodass die Patienten vereinfacht und beschleunigt Cannabis zu medizinischen Zwecken erhalten können. Weiterhin ausgeschlossen ist jedoch die Abgabe von Medizinalcannabis zu Konsumzwecken.
Exkurs: Telemedizin
Unter telemedizinischen Behandlungen ist die Verschreibung von Arzneimitteln im Wege einer Fernbehandlung unter Einsatz audiovisueller Kommunikationsmittel oder Videosprechstunden zu verstehen. § 3 I MedCanG trifft hierzu keine näheren Regelungen, eine räumliche Trennung zwischen Ärztin oder Arzt und Patient ist demnach nicht ausgeschlossen und kann je nach Einzelfall zulässig sein.
Vorsicht ist geboten bei Geschäftsmodellen, bei denen Betreiber einer Online-Plattform Cannabis anbieten und gleichzeitig Ärztinnen und Ärzte sowie eine Versandapotheke an die Plattform angeschlossen sind. In der Regel wird dem Nutzer nach Ausfüllen eines Fragebogens entweder eine Videosprechstunde angeboten oder es erfolgt unmittelbar nach der Übermittlung der Daten eine Verschreibung von Medizinalcannabis. Diese Verschreibung wird dann an die angeschlossene Versandapotheke weitergeleitet, die das Medizinalcannabis anschließend an den Patienten versendet.
Es ist fraglich, ob die Auswertung eines Fragebogens ohne persönliche Kontaktaufnahme tatsächlich als ärztliche Behandlung angesehen werden kann. Sollte keine ordnungsgemäße Verschreibung vorliegen, legitimiert diese nicht die Abgabe von Medizinalcannabis. Sowohl die Ärztinnen und Ärzte als auch die Apothekerinnen und Apotheker machen sich dann gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2, IV 2 Nr. 1 MedCanG strafbar, während sich die Betreiber der Plattform in der Regel wegen Anstiftung hierzu strafbar machen. Sollte hingegen eine Videosprechstunde durchgeführt werden, bestehen diese Risiken in der Regel nicht, da dann eine Behandlung vorliegt, was jedoch vom Einzelfall abhängt.