Update Briefing „KfW-Schnellkredit 2020“ und Folgen für die Transaktionspraxis
Die Bundesregierung hat die in Literatur und Wirtschaft geäußerte Kritik an den am 27. März 2020 verabschiedeten staatlichen Hilfsprogrammen für kleinere und mittlere Unternehmen (vgl. hierzu unsere Veröffentlichung vom 3. April 2020) aufgegriffen. Als Stolperstein bei KfW-Krediten hat sich in der praktischen Umsetzung erwiesen, dass die Hausbanken mind. 10% des Kreditrisikos selbst tragen müssten.
Mit dem „KfW-Schnellkredit 2020“ 1 will der Bund nun eine Lösung für die gesunde kleinere und mittlere Unternehmen schaffen, die keine Zwischenfinanzierung erhalten, obwohl ihre Umsatzausfälle und Verluste durch die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der „COVID-19 Pandemie“ verursacht sind.
Die Bundesregierung knüpft dabei an Programme an, die es in ähnlicher Form bereits in Österreich („aws Überbrückungsgarantien für KMU und EPU“) 2 und in der Schweiz („COVID-19-Solidarbürgschaften“) 3 gibt. Die Unterschiede der drei Schnellkredit-Programme sind in der Übersicht unten zusammengefasst.
In diesem Update Briefing beschreiben wir,
- für welche Unternehmen der KfWSchnellkredit geeignet ist,
- welche Unternehmen ihn nicht erhalten werden und
- welche Folgen der KfWSchnellkredit für mittelständische Unternehmenstransaktionen hat.
Im Ergebnis ist der KfW-Schnellkredit eine gute Möglichkeit, um profitable kleinere und mittlere Betriebe in die Lage zu versetzen, schnell und unkompliziert eine Zwischenfinanzierung zu erhalten. Kleinstunternehmen (<10 MA) und nicht profitable Unternehmen, wie bspw. Startups oder Unternehmen, die in den vergangenen Jahren hohe Investitionen getätigt haben, werden den Schnellkredit jedoch nicht erhalten. Für solche Unternehmen und generell für Mittelständler, die nachhaltig in der ggf. länger anhaltenden Corona-Krise bestehen wollen und sich für eine zu erwartende Rezession aufstellen wollen, ohne eine hohe Schuldenlast durch KfW-Kredite einzugehen und damit ihren Unternehmenswert zu schmälern, sollten die staatlichen Hilfen jedoch nur als „Hilfe zur Selbsthilfe“ nutzen. Sie sollten Ihre Nachfolge- und Wachstumspläne nicht zugunsten einer hohen, vermeintlich „günstigen“, Verschuldung aufschieben, sondern durch strategische Kooperationen und geeignete Eigenkapitalinvestoren die entstandenen (und trotz einer Kreditaufnahme ja weiter ansteigenden) Verluste durch Digitalisierungsstrategien und organisches wie ggf. anorganisches Wachstum dem anstehenden Abschwung und dem zu erwartenden Konsolidierungstrend begegnen. Mittelständische Unternehmerfamilien, Family Offices und Private Equity Investoren können hier eine Schlüsselrolle spielen, wenn faire Konditionen verhandelt werden und die „Corona-Krise“ nicht einseitig genutzt wird, um Bewertungen zu „drücken“, sondern durch ausgewogene Preisgestaltungen und Transaktionsregelungen das wirtschaftliche „Corona-Risiko“ auf beide Seiten zu verteilen.
Antragsvoraussetzungen des KfW-Schnellkredits
- Unternehmen mit 10 bis 250 Beschäftigten
- mindestens seit dem 1. Januar 2019 auf dem Markt aktiv
- im Jahr 2019 oder im Durchschnitt der letzten drei (3) Jahre profitabel
- schriftliche Versicherung, zum 31. Dezember 2019 wirtschaftlich geordnete Verhältnisse aufgewiesen zu haben und nicht in Schwierigkeiten gewesen zu sein.4
- Die Hausbank prüft vor Kreditvergabe die Anzahl der Beschäftigten, den Umsatz und den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn. Eine Zukunftsprognose ist gerade nicht erforderlich.
- Antragstellung ist nur bis 31.12.2020 möglich.
Konditionen des KfW-Schnellkredits
- KfW stellt Hausbank zu 100 % von der Haftung frei.
- Daher keine Besicherung nötig.
- Darlehensvolumen begrenzt auf drei (3) Monatsumsätze. Für Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten zudem auf EUR 500.000, für Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten zudem auf EUR 800.000.
- Abruf des Darlehens innerhalb eines Monats ab Zusage, Abruf in Tranchen ist möglich.
- Keine Bereitstellungsprovision. Zinssatz ist derzeit auf 3 % p.a. festgelegt und kann sich gegebenenfalls entsprechend der Kapitalmarktentwicklung ändern.
- Kreditlaufzeit 10 Jahre, Rückzahlung in gleichen Raten. Eine tilgungsfreie Zeit von bis zu zwei (2) Jahren soll möglich sein. Bei außerplanmäßiger oder verfrühter Rückzahlung keine Vorfälligkeitsentschädigung.
- Ab wann die KfW-Schnellkredite erstmalig beantragt und ausgezahlt werden können ist noch unklar, da das Programm zunächst noch der Genehmigung der EU-Kommission bedarf.
- Im Vorfeld ist den Unternehmen bereits zu empfehlen eine Liquiditätsvorschau zu erstellen und das Gespräch mit den Hausbanken zu suchen, so dass der Kredit unmittelbar nach der Genehmigung der EU-Kommission beantragt werden kann. Mangels Risikoprüfung soll eine Auszahlung der Darlehen dann sehr schnell erfolgen.
Ausschlusskriterien für den KfW-Schnellkredit
- Kleinstunternehmen mit bis zu 10 Mitarbeitern und Solo-Selbstständige werden vom KfW-Schellkredit nicht erfasst. Diese können jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen auf die einmalige Zahlung im Rahmen der KfW-Soforthilfe zurückgreifen.
- Leistungsschwächere Unternehmen sind ausgeschlossen, die in 2019 und im Durchschnitt der letzten drei (3) Jahre keinen Gewinn erzielen konnten. Gerade solche Unternehmen werden jedoch auch schlechte Chancen auf die übrigen KfW-Kredite erhalten, da dort die Hausbank von den Kreditrisiken nicht zu 100% freigestellt wird.
- Eine Umschuldung oder Ablösung von Kreditlinieninanspruchnahmen ist unzulässig.
- Gewinnausschüttungen während der Kreditlaufzeit sind unzulässig. Hiervon ausgenommen ist die marktübliche Vergütung von Geschäftsinhabern.
- Keine Kombination des KfW-Schnellkredits mit anderen KfW-Krediten oder mit Instrumentarien des Wirtschaftsstabilisierungsfonds kombiniert werden.
Folgen für Transaktionen im Mittelstand
- Da der KfW-Schnellkredit jederzeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt werden dürfen, kann er bereits laufende Transaktionsvorbereitungen durch eine Stabilisierung des Unternehmens unterstützen. Sobald bspw. eine Nachfolgelösung oder M&A Transaktion erfolgreich verhandelt ist, können nicht benötige Mittel gebührenfrei zurückgezahlt werden (Closing Condition).
- Der Unternehmer, der einem vom Käufer mglw. verlangten „Corona-“Abschlag auf den Kaufpreis nicht bedingungslos akzeptieren möchte, kann den KfW-Schnellkredit dazu nutzen, einen als Gegenleistung verhandelten „aggressiveren“ Earn-out zu erreichen. Denn durch den Schnellkredit kann er die Investitionen tätigen, um nach Ende der COVID-19 Einschränkungen schneller zu wachsen.
- Im vorgenannten Fall, aber auch generell sollten Earn-out Regelungen im Kaufvertrag jedoch im Interesse beider Parteien fairerweise an das Marktumfeld angeglichen werden, da auch alle Wettbewerber Umsätze verlieren.
- Bei bestehenden Buy-and-build Strukturen kann die Portfolio-Gesellschaft, die in den vergangenen Jahren profitabel war, einen KfW-Schnellkredit in Anspruch nehmen. Auch wenn Umschuldungen nicht zulässig sind, kann dies mittelbar die Stabilität der gesamten Gruppe fördern.
- Der KfW-Schnellkredit kann auch für die Finanzierung von Planungs- oder Transaktionskosten verwendet werden, bspw. bei laufenden Transaktionen oder bei dringend anstehenden Nachfolgelösungen, die wegen der wirtschaftlichen Veränderungen in der Corona-Krise komplizierter und langwieriger werden.
- Unsere Praxishinweise zur Notwendigkeit von Eigenkapitalinvestitionen in mittelständische Unternehmen als Reaktion auf die Corona-Krise vom 3.4.2020 gelten weiterhin. Der KfW-Schnellkredit wird die Fortführung und Anbahnung von strategischen Partnerschaften und Private Equity Investitionen im Mittelstand kurzfristig erleichtern und viele Transaktionen überhaupt erst ermöglichen. Der Schnellkredit und weitere staatlich angebotene Verschuldungen werden Eigenkapitalinvestitionen jedoch nicht ersetzen, insbesondere je länger die Corona-Krise andauert.
- Für viele Unternehmen, die nicht in den Kreis der Antragsberechtigten des KfW-Schnellkredits fallen, bleiben Eigenkapital- und Mezzanine-Finanzierungen verbunden mit einem Konsolidierungs- und anschließenden Wachstumskonzept der Schlüssel zum Weg aus der Krise.
Einen Überblick über die Förderprogramme in Deutschland, Österreich und der Schweiz finden Sie hier.
1 https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/kfw-schnellkredit-2020-1739512
2 https://www.aws.at/aws-garantie/ueberbrueckungsgarantie/
3 https://www.admin.ch/opc/de/official-compilation/2020/1077.pdf
4 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52004XC1001(01)&from=EN