Unsere Arbeitsrechts-Expertin Bettina-Axenia Bugus beantwortet Ihnen wichtige Fragen zur Kurzarbeit im Rahmen der Corona-Krise.
Question: Was ist Kurzarbeit?
Answer: Bei Kurzarbeit handelt es sich um die vorübergehende Verkürzung der im Betrieb üblichen Arbeitszeit. Durch die Anordnung von Kurzarbeit sollen Unternehmen in die Lage versetzt werden, auch wirtschaftlich schwierige Zeiten zu überbrücken und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Die in einem Betrieb tätigen Arbeitnehmer arbeiten im Falle angeordneter Kurzarbeit weniger oder überhaupt nicht.
Question: Welche Voraussetzungen muss ein Arbeitgeber nach dem SGB III erfüllen, um in seinem Betrieb Kurzarbeit einzuführen?
Answer: Die Bundesregierung hat am 13. März 2020 mit dem „Gesetz zur krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ ein Maßnahmenpaket beschlossen, mit dem Unternehmen der Zugang zum Kurzarbeitergeld erleichtert werden soll, wenn sie im Falle des Bestehens „außergewöhnlicher Verhältnisse“ z.B. unter Lieferengpässen leiden oder behördlicherseits geschlossen werden müssen.
Die Erleichterungen gelten rückwirkend ab dem 1. März 2020, d.h. betroffene Unternehmen können bereits zum jetzigen Zeitpunkt Anträge stellen, die der neuen Rechtslage entsprechen. Um den Bezug von Kurzarbeitergeld zu vereinfachen, wurden die folgenden Voraussetzungen eingeführt:
- 10 Prozent der Beschäftigten eines Betriebes müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein
- Sozialversicherungsbeiträge werden von der Bundesagentur für Arbeit erstattet
- Kurzarbeitergeld kann jetzt auch für Leiharbeitnehmer beantragt werden
- Betriebe die Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen nutzen, können auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichten
Darüber hinaus gelten die bisherigen Voraussetzungen des SGB III weiter:
Gemäß §§ 95, 96 SGB III liegen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vor, wenn
- ein erheblicher Arbeitsausfall besteht, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht
- der Arbeitsausfall vorübergehend ist
- der Arbeitsausfall nicht vermeidbar ist
- der Arbeitgeber den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit schriftlich angezeigt hat. Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, muss der Anzeige des Arbeitsausfalls die Stellungnahme des Betriebsrates beigefügt werden
Gemäß § 96 Abs. 3 S. 2 SGB III liegt ein unabwendbares Ereignis auch dann vor, wenn ein Arbeitsausfall durch eine behördliche Maßnahme oder eine behördlich anerkannte Maßnahme verursacht ist, die der Arbeitgeber nicht zu vertreten hat.
Ferner müssen die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sein. Dies ist gemäß § 97 SGB III der Fall, wenn in dem Betrieb mindestens ein Arbeitnehmer*in beschäftigt ist.
Question: Kann der Arbeitgeber für sein Unternehmen Kurzarbeit einseitig gegenüber den Arbeitnehmern anordnen?
Answer: Nein, der Arbeitgeber ist nicht dazu berechtigt, Kurzarbeit einseitig einzuführen. Die Einführung von Kurzarbeit stellt eine Abweichung von den nach dem Gesetz und dem Arbeitsvertrag für das Arbeitsverhältnis geltenden Regelungen dar. Dies bedarf einer Rechtsgrundlage zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Soweit im Betrieb des Arbeitsgebers ein Betriebsrat besteht, kann diese Regelung über eine Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Besteht im Betrieb des Arbeitsgebers kein Betriebsrat, bedarf es einer arbeitsvertraglichen Regelung zur Einführung von Kurzarbeit.
Question: Wer bekommt Kurzarbeitergeld und in welcher Höhe wird es gewährt?
Answer: Kurzarbeitergeld wird für alle Arbeitnehmer gewährt, die sich nach Beginn des Arbeitsausfalls in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden, das nicht gekündigt oder durch einen Vertrag aufgehoben worden ist. Hierzu gehören neben Arbeitnehmern in Voll- und Teilzeit auch Arbeitnehmer, die sich in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder aufgrund von Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat.
Die Höhe des Kurzarbeitergeldes richtet sich nach dem pauschalierten Nettoentgeltausfall im Anspruchszeitraum (Kalendermonat). Hierbei handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt. Es wird in zwei verschiedenen Leistungssätzen gewährt: Bei Arbeitnehmer*innen mit mind. einem Kind bzw. Arbeitnehmer*innen deren Ehegatte/Ehegattin mind. ein Kind hat liegt es bei 67 % der Nettoentgeltdifferenz. Bei allen anderen Arbeitnehmer*innen bei 60 % der Nettoentgeltdifferenz.
Das Kurzarbeitergeld wird von der Agentur für Arbeit an die Unternehmen ausgezahlt, die es für ihren Betrieb beantragt haben. Diese überweisen es mit dem restlichen Gehalt an die Arbeitnehmer*innen ihres Betriebes.
Question: Wo und wie muss der Arbeitgeber die Kurzarbeit anzeigen?
Answer: Nach § 99 Abs. 1 SGB III ist der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen, in deren Bezirk der Betrieb des Arbeitsgebers seinen Sitz hat. Die Anzeige ist schriftlich oder in elektronischer Form zu erstatten.
Question: Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?
Answer: Gem. § 104 SGB III wird Kurzarbeitergeld für die Dauer von längstens 12 Monaten geleistet. Die Bezugsdauer kann durch Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate verlängert werden, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die den gesamten Arbeitsmarkt betreffen. Es ist in der gegenwärtigen Situation davon auszugehen, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von dieser Verordnungsermächtigung Gebrauch machen wird.
[Update 26.03.2020] Question: Können auch Studenten, die nebenbei arbeiten/ Werkstudenten Kurzarbeitergeld beanspruchen?
Answer: Studenten, die nebenbei arbeiten/ Werkstudenten, kommen unter bestimmten Voraussetzungen (Tätigkeit von weniger als 20 Std./Woche während des Semesters) in den Genuss des sog. Werkstudentenprivilegs (§ 27 Abs. 4 SGB III). Das heißt, sie sind trotz ihres Einkommens beitragsfrei in der Pflege- und Arbeitslosenversicherung. In der Krankenkasse bestehen vergünstigte Tarife. Für die Rentenversicherung müssen Beiträge gezahlt werden.
Persönliche Voraussetzung für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes ist jedoch, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt. Das ist aufgrund des Werkstudentenprivilegs nicht der Fall, weil die Stundeten sozialversicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung sind. Damit besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
[Update 26.03.2020] Question: Erwirbt der Arbeitnehmer in dem Fall, dass Kurzarbeit eingeführt worden ist, Urlaubsansprüche?
Answer: Für die Frage, ob während eingeführter Kurzarbeit Urlaubsansprüche erworben werden kommt es darauf an, in welcher Höhe die Arbeitszeit durch den Arbeitgeber reduziert worden ist. Reduziert sich die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers z.B. in der Form, dass ein Arbeitnehmer von bisher fünf Tagen in der Woche lediglich noch an drei Tagen seiner Arbeit nachkommt, so reduziert sich sein Urlaubsanspruch im Verhältnis hierzu anteilig. Reduziert sich die Arbeitszeit bis hin zur „Arbeitszeit Null“ werden in dem Zeitraum der eingeführten Kurzarbeit sogar keine Urlaubsansprüche erworben. Dies ist vergleichbar mit der Berechnung der Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern, die aus einer Vollzeitbeschäftigung auf eine Teilzeitbeschäftigung wechseln.
Bereits bestehende Urlaubsansprüche kann der Arbeitnehmer auch während des Zeitraums der eingeführten Kurzarbeit nehmen. Die Zeiträume, in denen dem Arbeitnehmer Urlaub gewährt wird, sind wie bei ungekürzter Arbeitszeit zu vergüten.
Stand: 26.03.2020