In unserer Beratungspraxis wird Ungarn aufgrund steuerlicher Anreize derzeit verstärkt von Auswanderungsinteressierten als potenzielles Ziel in Betracht gezogen. Doch ein Umzug innerhalb der Europäischen Union (EU) bringt spezielle steuerliche Regelungen und Möglichkeiten mit sich, die besonders für den Wegzug aus Deutschland nach Ungarn relevant sind. Dieser Artikel beleuchtet detailliert die steuerlichen Aspekte, inklusive der Stundungsmöglichkeiten bei der Wegzugsbesteuerung und weiteren Besonderheiten, die durch die EU-Mitgliedschaft entstehen.
I. Steuerliche Rahmenbedingungen in Ungarn
Ungarn bietet mit einer Pauschale von 15 % auf alle persönlichen Einkünfte eine attraktive Steuerumgebung für natürliche Personen. Dieser einheitliche Steuersatz ist sowohl für Einkünfte aus Anstellungsverhältnissen, Kapitalerträgen als auch aus Mieteinnahmen relevant. Zu beachten ist allerdings, dass zur Einkommensteuer noch Abgaben hinzukommen können, etwa bei Löhnen & Gehältern 18,5 % Sozialversicherungsbeiträge (mit Ausnahmen etwa Altersrenten) oder bei Dividendenerträgen und Zinseinkünften 13 % „Sozialbeitragssteuer“ (allerdings mit Maximalgrenzen).
Besonders attraktiv ist auch der Körperschaftsteuersatz von nur 9 %, wobei allerdings die lokale Gewerbesteuer, Sanierungs- (ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl) und Innovationsbeitrag (KMUs, Großunternehmen) sowie ggf. sektorale Sondersteuern hinzukommen.
Im Körperschaftsteuersystem gibt es jedoch viele verschiedene Abschläge, die den effektiven Steuersatz sogar unter 9 % senken können.
Eine Firmengründung kann durch EU-Bürger genehmigungsfrei erfolgen. Die Gründung wird in Ungarn nicht von Notaren, sondern komplett von Anwälten abgewickelt, ungarische Anwälte nehmen insofern Notarfunktion wahr.
II. Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland
Ein wesentlicher Aspekt bei einem Wegzug ist die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland. Damit werden die weltweiten Einkünfte nicht länger in Deutschland versteuert. Dies setzt allerdings voraus, dass der Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland aufgegeben werden.
Es ist daher wichtig, dass keine "Schlüsselgewalt" über eine bewohnbare Immobilie in Deutschland mehr besteht, und dass der Lebensmittelpunkt nachweislich nach Ungarn verlagert wird. Der Umzug muss dabei klar als dauerhafter Wechsel des Wohnsitzes erkennbar sein. Eine schlichte Ummeldung reicht nicht aus; es muss eine tatsächliche Verlagerung des Lebensmittelpunkts stattfinden.
III. Besonderheiten der Wegzugsbesteuerung
Verzieht ein deutscher Gesellschafter, der zumindest mit 1% an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, nach Ungarn, löst dies gemäß § 6 des Außensteuergesetzes (AStG) die sogenannte Wegzugsbesteuerung aus. Dabei wird der Wegzug als fiktive Veräußerung der GmbH-Anteile behandelt, wodurch die bis dahin entstandenen stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden.
Die Besteuerung erfolgt zum Zeitpunkt des Wegzugs und erfasst die Differenz zwischen dem Marktwert der Anteile und deren Anschaffungskosten. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige in den letzten zwölf Jahren vor dem Wegzug mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland war.
Um die sofortige Steuerlast zu mindern, kann der Steuerpflichtige eine Ratenzahlung über sieben Jahre beantragen. Zudem entfällt die Steuer, wenn er innerhalb von sieben Jahren wieder nach Deutschland zurückkehrt und in dieser Zeit keine Anteile veräußert oder unentgeltlich übertragen wurden.
Der Steuerpflichtige muss das Finanzamt über den Wegzug und weitere relevante Vorgänge informieren, um seiner Meldepflicht nachzukommen.
IV. Beendigung der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland
Nach einem Umzug nach Ungarn bleibt für bestimmte Einkünfte weiterhin eine beschränkte Steuerpflicht in Deutschland bestehen, insbesondere für Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Immobilien oder aus gewerblicher Tätigkeit in Deutschland. Diese Einkünfte unterliegen weiterhin der deutschen Besteuerung, auch wenn der Steuerpflichtige nach Ungarn umgezogen ist.
V. Besondere Regelungen aufgrund der EU-Mitgliedschaft Ungarns
Die EU-Mitgliedschaft Ungarns bringt mehrere steuerliche Erleichterungen mit sich, die bei einem Wegzug aus Deutschland relevant sind:
- Freizügigkeit und Steuerliche Ansässigkeit
Innerhalb der EU gilt das Prinzip der Freizügigkeit, welches auch steuerliche Erleichterungen mit sich bringt. Es gibt EU-weite Regeln, die verhindern, dass ein Steuerpflichtiger durch seinen Umzug innerhalb der EU unbillig besteuert wird. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Das bestehende Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Ungarn stellt sicher, dass Einkünfte nicht doppelt besteuert werden. Einkünfte, die in Ungarn erzielt werden und dort versteuert werden, sind in Deutschland in der Regel von der Steuer freigestellt, und umgekehrt.
VI. Ansässigkeit in Ungarn
Während der ersten 3 Monate des Aufenthalts in Ungarn ist kein Aufenthaltsdokument erforderlich. Danach muss eine sog. Anmeldebescheinigung beantragt werden (Registrierung). Dies geschieht in einem formalen Verfahren bei der ungarischen Fremdenpolizei. Der Aufenthalt kann aus folgenden Gründen beantragt werden: Erwerbstätigkeit, Arbeitssuche, als Einzelunternehmer, als Inhaber oder Geschäftsführer eines Unternehmens, als Student, als Familienangehöriger (Ehegatte oder Kind) oder aus anderen Gründen.
Nach der Bescheinigung im Anmeldeverfahren sind keine weiteren Schritte erforderlich
Übrigens kann der Erwerb von Eigentum an Wohnimmobilien durch EU-Bürger genehmigungsfrei erfolgen. (Auch hier wird der Kaufvorgang in Ungarn nicht von Notaren, sondern von Anwälten begleitet, beurkundet und abgewickelt (Notarsfunktion).
Um als steuerlich ansässig in Ungarn zu gelten, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, darunter der Hauptwohnsitz und der Schwerpunkt finanzieller und persönlicher Interessen in Ungarn. Im Jahr des Umzugs, wenn der Wohnsitz für einen Teil des Jahres in Deutschland und für den anderen Teil in Ungarn liegt ist, gilt die Person steuerrechtlich gesehen dann als ungarisch (= voll steuerpflichtig in Ungarn), sofern er/sie sich im betreffenden Jahr mindestens 183 Tage in Ungarn aufgehalten hat.
Der Nachweis der Ansässigkeit erfolgt durch entsprechende Meldebescheinigungen und den Nachweis des ständigen Aufenthalts in Ungarn.
Die EU-weiten Regelungen erleichtern es dabei, die Ansässigkeit zu wechseln, da Ungarn als Mitgliedstaat Teil des EU-Steuersystems ist. Es ist jedoch wichtig, dass die Ansässigkeit tatsächlich nachweisbar und dauerhaft in Ungarn etabliert wird, um steuerliche Vorteile voll auszuschöpfen.
Als EU-Bürger/-in erhält man nach einem ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt von mindestens 5 Jahren in Ungarn automatisch das Recht auf Niederlassung, so dass eine sog. Niederlassungskarte beantragt werden kann, die zum dauerhaften, ununterbrochenen Aufenthalt berechtigt.
Fazit
Ein Umzug von Deutschland nach Ungarn bietet steuerliche Vorteile, erfordert aber auch eine sorgfältige Planung. Insbesondere die Möglichkeit der Stundung der Wegzugsbesteuerung und die Besonderheiten innerhalb der EU sind entscheidende Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Durch eine korrekte Planung und Umsetzung können steuerliche Nachteile minimiert und der Übergang reibungslos gestaltet werden.
Für Steuerpflichtige, die diese Aspekte beachten und die Anforderungen erfüllen, bietet Ungarn ein attraktives Umfeld mit einer niedrigen Steuerlast und einem stabilen rechtlichen Rahmen innerhalb der EU.