Viele der Vorhaben, die im Koalitionsvertrag nun verschriftlich worden sind, waren bereits Bestandteil der Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Arbeit & Soziales“. Neben einem geplanten Bürokratieabbau, u.a. durch den Wegfall des Schriftformerfordernisses bei Befristungen oder ein transparenteres Statusfeststellungsverfahren zur Feststellung einer abhängigen oder unabhängigen Beschäftigung, sind folgende Eckpunkte im Koalitionspapier festgehalten worden:
Arbeitszeit – Wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit
Arbeitszeitmodelle sollen flexibler gestaltbar sein. Statt der täglichen Höchstarbeitszeit soll künftig eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gelten – so wie es die europäische Arbeitszeitrichtlinie ohnehin bereits vorsieht. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung legten sich die Koalitionäre allerdings noch nicht fest.
Elektronische Zeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit ohne Zeiterfassung
Die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten soll künftig „unbürokratisch“ geregelt werden. Versprochen werden zudem angemessene Übergangsfristen für kleine und mittlere Unternehmen. Vertrauensarbeitszeit soll „im Einklang mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie“ ohne Zeiterfassung möglich bleiben. Ob und wie dies EU-rechtskonform umgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten.
Steuerbegünstigungen bei Zuschlägen von Mehrarbeit und Arbeitszeitprämien
Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, sollen steuerfrei gestellt werden. Teilzeitbeschäftigte sollen von dieser Regelung nicht umfasst sein. Ob dies zulässig ist, wird im Zweifel vor Gericht geklärt werden müssen. Zum Anreiz der Ausweitung der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten sollen Prämien von Arbeitgebern steuerlich begünstigt werden.
Mindestlohn – Perspektivisch 15 Euro
Der gesetzliche Mindestlohn wird weiterhin von der Mindestlohnkommission festgesetzt, soll sich aber künftig an der Tarifentwicklung sowie 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Nach der künftigen Regierung sei auf diesem Wege im Jahr 2026 ein Mindestlohn in Höhe von 15 Euro erreichbar.
Sicherung der Fachkräftebasis
Durch eine Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, der erleichterten Rückkehr von Rentnern zu ihrem alten Arbeitgeber und einer qualifizierten Einwanderung in Deutschland soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Es soll eine „Work-and-stay-Agentur“ als einheitliche Ansprechpartnerin für ausländische Fachkräfte geschaffen werden und erleichterte Prozesse unter Einbezug des Arbeitgebers geben.
Digitalisierung, KI und digitale Mitbestimmungsoptionen
Die Koalitionäre möchten die „richtigen Rahmenbedingungen“ für den Einsatz von Digitalisierung und KI in der Arbeitswelt setzen. Gleichzeitig lassen sie jedoch völlig vage, wie diese aussehen könnten. Betriebsratssitzungen, Betriebsversammlungen und Betriebsratswahlen sollen zukünftig auch „online“ möglich sein.
Fazit
Positiv hervorzuheben ist, dass nun die europarechtskonforme Arbeitszeiterfassung endlich in Angriff genommen werden soll – wie und wann eine konkrete Umsetzung erfolgen wird, bleibt allerdings noch offen. Insofern gilt – wie auch für die weiteren angekündigten Vorhaben – weiterhin: Entwicklungen beobachten, um bei verbindlichen Vorgaben handlungsfähig zu sein.