Nachdem am 10. Februar 2023 der Gesetzesentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz an der Zustimmung des Bundesrats gescheitert war, musste dringend eine Alternativlösung her (siehe hierzu auch unseren Webseitenbeitrag).
Statt der von vielen Beobachtern erwarteten Anrufung des Vermittlungsausschusses, haben die Regierungsparteien einen anderen Weg gewählt. In Anbetracht des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof ist es jedoch nicht weiter verwunderlich, dass die Regierung eine schnelle Lösung bevorzugt.
Um eine zeitnahe Umsetzung der Richtlinie zu gewährleisten, wurde der bestehende Gesetzesentwurf in zwei Entwürfe gesplittet – Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden und Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz. Die wesentlichen Regelungen des ursprünglichen Entwurfs sind nunmehr getrennt von den zustimmungspflichtigen Aspekten.
Die wichtigsten Regelungen im Überblick
Um die Zustimmungspflicht des Bundesrats für den neuen Entwurf zu vermeiden, wurden Beamte und Richter der Länder, Gemeinden, Landeskörperschaften und öffentliche Anstalten der Länder aus dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes herausgenommen. Damit berührt der Gesetzentwurf nicht mehr die Belange der Länder und eine Zustimmung des Bundesrats nach Art. 74 Abs. 2 GG ist nicht mehr erforderlich. Ob sich die Zustimmungspflicht dennoch aus z.B. Art. 84 Abs. 1 ergeben könnte, ist derzeit offen.
Inhaltlich gibt es keine wesentlichen Änderungen im Vergleich zum Gesetzesentwurf aus dem letzten Jahr. Insbesondere die Regelungen, an welchen die Zustimmung des Bundesrats gescheitert ist, finden sich weiterhin im nunmehr wohl nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf:
Unternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitern müssen umgehend interne Meldekanäle einrichten, welche eine mündliche Meldung oder Meldung in Textform ermöglichen. Für Unternehmen ab 50 Mitarbeitern gilt diese Pflicht ab 17. Dezember 2023. Ab dem 1. Januar 2025 muss auch die Abgabe anonymer Meldungen und deren anschließende Bearbeitung unter Wahrung der Anonymität des Hinweisgebers möglich sein. Weiterhin ist im Gesetzesentwurf die Vermutung enthalten, dass anschließende Repressalien mit der Meldung im Zusammenhang stehen. Sofern ein Unternehmen keine internen Meldekanäle einrichtet, droht nicht nur die Nutzung von externen Meldekanälen, sondern auch die Verhängung eines Bußgeldes. Die Bußgeldpflicht tritt allerdings erst 6 Monate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft. Schließlich sind weiterhin Verstöße gegen nationale Strafvorschriften und bestimmte Ordnungswidrigkeiten von dem Gesetz erfasst. Weiterhin ermöglicht der deutsche Gesetzgeber jedoch die Nutzung eines Meldekanals im Konzern und ignoriert damit die Stellungnahmen der EU-Kommission (wir berichteten).
Damit sind Kritikpunkte des Bundesrats nicht aufgegriffen worden. Insbesondere die vermutete Benachteiligung bei Repressalien nach einer Meldung und die Bußgeldvorschriften sind so in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen und belasten deutsche Unternehmen damit mehr als andere europäische Unternehmen. Im Hinblick auf die Ermöglichung der anonymen Meldung müssen Unternehmen auf IT-basierte Systeme zurückgreifen, welche Kosten verursachen.
Wie geht es weiter?
Aktuell ist geplant, dass das Hinweisgeberschutzgesetz bereits am 30. März 2023 im Bundestag verabschiedet werden soll. Dies dürfte mit den Stimmen der Regierungsparteien auch gelingen. Rechnet man eine Woche für die Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt sowie einen Monat für den Termin des Inkrafttretens, so kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Hinweisgeberschutzgesetz bereits im Mai 2023 in Kraft treten wird.
Fazit
Unternehmen, welche noch über kein Hinweisgebersystem verfügen, sollten sich dringend mit dem neuen Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes auseinandersetzen. Die Tatsache, dass das Gesetz mit großer Wahrscheinlichkeit bereits im Mai 2023 in Kraft treten wird, macht ein schnelles Handeln erforderlich. Auch Unternehmen ab 50 Mitarbeitern müssen ab 17. Dezember 2023 entsprechende Meldekanäle vorhalten. In diesem Zusammenhang sollten Unternehmen insbesondere auch berücksichtigen, dass die Implementierung des Hinweisgebersystems mit zahlreichen rechtlichen sowie technischen und organisatorischen Fragen verbunden sein kann.
Sollten Sie bei der Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes Hilfe benötigen, kommen Sie gerne auf uns zu. Wir unterstützen Sie bei sämtlichen Rechtsfragen und stellen sicher, dass Sie Ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen. Demnächst werden wir auch ein weiteres Webinar im Hinblick auf die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich anbieten. Wir werden Sie rechtzeitig darüber informieren