Der NFT-Markt schreitet schnell voran, auch im Musikbereich. Künstler wie „Kings of Leon“ oder „3LAU“ und Plattformen wie YellowHeart und Catalog haben das Potential der NFTs erkannt und bieten die Möglichkeit NFTs zu erstellen, zu ersteigern und zu verkaufen. Auch Spotify plant eine eigene Musik NFT-Plattform.
Online scheint durch den Einsatz von NFTs nun auch das möglich, was den Kunstmarkt in der realen Welt schon immer definiert hat: Das Besondere, das Einzigartige zu „besitzen“; die Stunde der virtuellen Schlangen vor den virtuellen Plattenläden scheint damit nun auch online geschlagen zu haben. Möglich wird dies durch den Einsatz von NFTs, die den sonst nicht voneinander zu unterscheidenden digitalen Werkdateien zur Einzigartigkeit verhelfen können. Und zwar so:
Musikwerk und Token: eine unschlagbare Verbindung
Sprechen wir über NFTs und digitale Werke, so gilt es zunächst digitales Werk und NFT getrennt voneinander zu betrachten: Das Werk bleibt das Werk (bei Musik die Komposition, der Liedtext sowie die Aufnahme der Darbietung) und Token bleibt Token. Eine simple, jedoch für den momentanen Stand der Technik wichtige Unterscheidung. Um die Anwendung der NFTs zu verstehen, ist es also vor allem entscheidend, deren Wirkungsweise zu betrachten.
Hinter NFTs steht die Blockchaintechnologie. Bei einer Blockchain handelt es sich um eine dezentral gespeicherte Datenbank, die sich aus einer Kette von Datenblöcken zusammensetzt. Die wohl bekanntesten Blockchains sind die Kryptowährungen Bitcoin und Etherum (ETH). Letztere ist vor allem für NFTs die derzeit relevanteste Blockchain. Hier lassen sich die nicht austauschbaren NFTs unkorrumpierbar speichern.
Ein Token kann bspw. als Zertifikat angesehen werden, der auf der Blockchain liegt. Nicht austauschbar – non fungible – ist ein Token dann, wenn es von diesem nur einen einzigen gibt. Anders als bei Geldstücken, die alle denselben Wert haben und es deswegen unerheblich ist, welche Münze man bspw. besitzt, kommt es bei nicht austauschbaren Gütern gerade darauf an, nur dieses zu besitzen. So kann das Kunstwerk von Andy Warhol der CAMPBELL Tomatendose, nicht durch irgendein anderes Bild einer Tomatendose ersetzt werden. Diese Einzigartigkeit wird im Kunsthandel häufig durch die Signatur des Künstlers dokumentiert. Online verhilft nun der NFT der digitalen Werkdatei zur Unterscheidbarkeit.
Wird ein NFT erstellt, so erhält dieser Token eine ID und wird einem bestimmten virtuellen Account zugeordnet. Das Erstellen des NFT wird „Minting“ genannt, Münzprägung. Neben der ID und der Accountverknüpfung enthält der Token meist Hashwerte sowie einen Link zu dem verbundenen Referenzmusikwerk. Letzteres (bzw. die Musikdatei) liegt im Regelfall auf einem separaten Server, zu dem der im Token enthaltene Link führt. Durch die Verbindung von NFT und Musikdatei (durch Hashwert und Link) wird nun die digitale Werkdatei identifizierbar und „einzigartig“, denn es gibt eben nur diese Werkdatei, die mit jenem nicht austauschbaren Token verbunden ist.
Der nicht reproduzierbare Token wird in die Blockchain geladen und findet sich dort als nicht mehr bearbeitbarer, nicht austauschbarer Block. Für die Nutzer der Blockchain wird hierdurch sichtbar, wer „Owner“ des NFT ist.
Digitaler „Besitz“ durch Blockchaintechnologie
Bei Musik-NFTs geht es somit nicht darum, Musik zu genießen (ohne sie zu besitzen), sondern darum, digitale Güter einer bestimmten Person zuordnen zu können. Erlauben Streaming-Plattformen „nur“ das Hören, also die Nutzung von Musiktiteln, so beziehen sich Token auf die „eigentumsrechtliche Komponente“, d.h. darauf, wem ein konkreter NFT gehört. Im Ergebnis schafft die „Tokenisierung“ von digitalen Gütern somit individuellen digitalen „Besitz“ (wobei rechtlich noch zu diskutieren sein wird, was sich hierhinter verbirgt). Faktisch werden durch die Verbindung von Werkdatei und NFT im Ergebnis „digitale Originale“ produziert.
Neue Möglichkeiten für Urheber und Künstler: digitale Verwertung des eigenen Werks
Hinzu kommt eine weitere Ebene, die für den Einsatz von NFT entscheidend ist. Die sogenannten Smart Contracts. Neben der dargestellten „Einzigartigkeit“, bieten NFTs durch den Einsatz von Smart Contracts, die Möglichkeit Künstler und Urheber an der Verwertung ihrer Musikwerke teilhaben zulassen. So bietet die Blockchain-Technologie, die Möglichkeit auf ihr sog. Smart Contracts auszuführen. Es handelt sich hierbei nicht um Verträge im juristischen Sinne, sondern um Computerprogramme, die beim Vorliegen bestimmter Parameter (vom NFT-Ersteller festgesetzte) Rechenbefehle ausführen, also schlichte „wenn-dann-Verknüpfungen“. Auch NFTs lassen sich mit solchen Smart Contracts verknüpfen und geben so dem Ersteller des NFT, die Möglichkeit bspw. die Bedingungen des Weiterverkaufs des NFT zu bestimmten. Möglich wäre beispielsweise, dass der Ersteller eines NFTs, den Weiterverkauf des Tokens an die Bedingung einer prozentualen Erlösbeteiligung knüpft, die automatisch bei dem NFT-Weiterverkauf an den Ersteller des NFT ausgezahlt wird. Erlösverteilungsströme ließen sich hierüber also gezielter steuern.
Was denn nun? Revolution oder Eintagsfliege?
NFTs bieten also zum einen das Potential, das Einzige auch in die digitale Welt zu transferieren. Zum anderen lassen sich die NFTs in Verbindung mit Smart Contracts zur Verteilung von Erlösen einsetzen. Mit diesen Parametern scheinen NFTs zwei dem Kunsthandel immanente Phänomene zu bedienen und dürften deswegen auf absehbare Zeit nicht wieder verschwinden.