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05.04.2024

Was gilt bei Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft mit Grundbesitz?

Gewinne bei der Veräußerung privat gehaltener Immobilien sind grundsätzlich steuerpflichtig, sofern Kauf und Verkauf innerhalb von 10 Jahren erfolgen (sog. „Spekulationsfrist“). Dieses Thema ist immer wieder Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden und letztlich von Entscheidungen der Finanzgerichte.

So hatte der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich zu entscheiden, ob die zehnjährige Haltedauer in einem Fall verletzt wurde, in dem ein Miterbe die Anteile seiner Miterben an der Erbengemeinschaft erwarb und nach kurzer Zeit das in der Erbengemeinschaft befindliche Grundstück veräußerte (Urteil vom 26.09.2023 – IX R 13/22).

Das Finanzamt sah den Erwerb der Erbanteile der Miterben als Anschaffungsvorgang im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG an und unterwarf den Gewinn aus dem Verkauf des ein Jahr später veräußerten Grundstücks der Einkommenssteuer.

Der BFH lehnte diese Auffassung ab. Er gab damit nicht nur seine bisherige Rechtsprechung auf, sondern widersprach auch der Finanzverwaltung in ihrem BMF-Schreiben vom 14. März 2006 zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erbengemeinschaft.

Sein Urteil begründete der BFH wie folgt:

Die Steuerbarkeit privater Veräußerungsgeschäfte setzt die „Identität“ von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut voraus. Maßgeblich sind dabei Kriterien wie Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut.

Zu entscheiden war somit, ob der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer gesamthänderischen Beteiligung (der Erbengemeinschaft) der (anteiligen) Anschaffung der Wirtschaftsgüter in der Erbengemeinschaft (hier dem Grundstück) gleichzusetzen ist. Dies verneinte der BFH. Die gesamthänderische Beteiligung an einer Erbengemeinschaft sei keine Beteiligung an den in der Gesamthand befindlichen Wirtschaftsgütern und damit in dem zu entscheidenden Fall keine Beteiligung an dem Grundstück. Dies gilt laut dem BFH selbst dann, wenn in der Erbengemeinschaft nur Grundstücke gehalten werden. Bei einer Veräußerung des in der Erbengemeinschaft befindlichen Grundstücks innerhalb der Zehnjahresfrist fehlt es somit an der in § 23 Abs. 1 EStG geforderten Identität von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut.

Der BFH stellt zudem klar, dass der Anteil an einer Erbengemeinschaft zwar Anteil an einer Gesamthand ist, die Erbengemeinschaft aber keine Personengesellschaft darstellt, so dass die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 4 EStG, die die Zahnjahresfrist auch auf den Kauf und den Verkauf von Gesellschaftsanteilen an einer Personengesellschaft anwendet, keine andere Entscheidung zulässt.

Die Entscheidung des BFH ist erfreulich. Sie eröffnet jedoch sogleich Fragen nach etwaigen Gestaltungen.

Ist es zum Beispiel sinnvoll, künftig  „steuerverhaftete“ Grundstücke dem gewünschten Erben nicht als Alleinerben zu vererben, sondern an eine Erbengemeinschaft bestehend aus dem gewünschten Erben, z.B. zu 99,9% neben einem Miterben zu 0,01%, um dem gewünschten Erben den steuerfreien Verkauf seines Anteils an der Erbengemeinschaft zu ermöglichen oder ist dies eine missbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO?

Da das Urteil des BFH auch den derzeitigen Vorgaben des Bundesfinanzministeriums (BMF) widerspricht, bleibt im Übrigen abzuwarten, ob es in den Bundesteuerblättern veröffentlicht und damit von der Finanzverwaltung anerkannt wird oder nicht.

Für Fragen zu dem Urteil des BFH und seinen möglichen und anerkannten Gestaltungen im Bereich der Nachfolgeplanung stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

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