Das Jahr beginnt mit einem Paukenschlag in der EuGH-Rechtsprechung zum Markenrecht: Mit der am 18.01.2024 verkündeten Entscheidung „Hewlett Packard Development Company LP ./. Senetic S.A.“ (C-367/21) entlastet das höchste europäische Gericht den Parallelhandel in einer fundamentalen Beweislastfrage zur sog. Erschöpfung des Markenrechts: Künftig wird in vielen Fällen nicht mehr der Parallelhändler beweisen müssen, dass die konkrete Ware vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in Verkehr gebracht wurde und damit auch außerhalb selektiver Vertriebssysteme ohne Verletzung der Marke gehandelt werden darf. Vielmehr wird künftig primär der Markeninhaber beweisen müssen, dass es sich um nicht erschöpfte Ware handelt.
1. Ausgangspunkt: Die sog. „Erschöpfung“ im Markenrecht und ihre Bedeutung für den europäischen Binnenmarkt
Durch geschützte Marken können Unternehmen verhindern, dass andere Unternehmen identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen unter dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen auf dem Markt bringen und somit Verwechslungsgefahr schaffen. Das Markenrecht ist also in erster Linie ein Schutz gegen Nachahmungen, Fälschungen und die verwechslungsfähig ähnliche Kennzeichnung vergleichbarer Produkte durch Dritte.
Marken sollen einem Markeninhaber jedoch nicht ermöglichen, innerhalb des europäischen Binnenmarktes nationale Märkte abzuschotten und damit Preisunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten zu zementieren. Außerdem sollen Markeninhaber nicht über das Markenrecht alle nachfolgenden Vertriebskanäle für ihre Produkte vollständig kontrollieren und somit den Preiswettbewerb unterbinden können. Deshalb gibt es die sog. „Erschöpfung“ des Markenrechts: Wurden konkrete Exemplare der Markenware vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung (z.B. durch eine Konzerngesellschaft, einen Lizenznehmer oder einen Distributor) im EWR in Verkehr gebracht, dann „erschöpft“ sich darin das Markenrecht: Der Markeninhaber kann nachgeschalteten Händlern, die mit diesen Exemplaren im Binnenmarkt Handel treiben, die Nutzung der Marke auf den konkreten Exemplaren und bei deren Bewerbung auch dann nicht untersagen, wenn diese keine Vertragshändler des Markeninhabers sind, d.h. nicht zu deren selektivem Vertriebssystem gehören. Die Erschöpfung ist im Unionsmarkenrecht in Art. 15 der Unionsmarkenverordnung (UMV) und im deutschen Markenrecht in § 24 MarkenG geregelt.
Das Prinzip der Erschöpfung ermöglicht auf diese Weise eine Art automatische Angleichung der Preise in den Mitgliedsstaaten über den sog. Parallelhandel: Wird beispielswiese ein Markenparfum im selektiven Vertriebssystem des Markeninhabers in Italien für 50 EUR verkauft, in Deutschland jedoch für 80 EUR, so können Handelsunternehmen außerhalb des selektiven Vertriebssystems (Parallelhändler) die Ware in Italien günstig aus dem Vertriebssystem kaufen – z.B. über den Aufkauf von Überschussware der Vertragshändler – und in Deutschland nach Aufschlag einer Handelsmarge immer noch unter dem dortigen Marktpreis verkaufen. Auf diese Weise gelangen beispielsweise Markenparfums legal als Aktionsware zu Drogerien, obwohl diese keine Vertragshändler der Parfumhersteller sind. Über den Marktmechanismus des Preiswettbewerbs führt dies mittel- bis langfristig zu einer Preisangleichung in den Mitgliedsstaaten.
Kurz: Das Prinzip der Erschöpfung des Markenrechts im Binnenmarkt existiert, damit Markeninhaber ihre Marke nicht zu Marktabschottungszwecken missbrauchen und Preisunterschiede im Binnenmarkt nicht künstlich aufrechterhalten können. Insoweit ist die Möglichkeit des Parallelhandels mit Markenware im Binnenmarkt vom EU-Gesetzgeber rechtspolitisch gewollt.
2. Das (bisherige) Problem: Die Beweislast im Verletzungsstreit
Bisher gab es dabei allerdings ein ganz erhebliches praktisches Problem: Die Beweislast im Verletzungsprozess.
Bot ein Parallelhändler Markenware an, die vom Markeninhaber über ein selektives Vertriebssystem verkauft wird, so genügte es bislang, dass der Markeninhaber schlicht behauptete, dass es sich dabei um nicht erschöpfte Ware handelt. Im Verletzungsprozess musste dann der Parallelhändler auf diese bloße Behauptung hin den Beweis führen, dass die konkreten Waren ursprünglich einmal vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung im EWR in Verkehr gebracht wurden.
Eine solche Beweisführung ist dem Parallelhändler aber regelmäßig unmöglich – und zwar auch dann, wenn er legal mit EWR-Originalware handelt:
Bezieht er seine Ware direkt von einem Vertragshändler des Markeninhabers im EWR, dann könnte er mit dessen Nennung und Vorlage der Handelsdokumente zwar die Erschöpfung beweisen – er würde aber gleichzeitig seine Warenquelle verschließen, weil den Vertragshändlern der Weiterverkauf an gewerbliche Aufkäufer vom Markeninhaber fast immer in den Händlerverträgen untersagt ist und der Markeninhaber nach Kenntniserlangung der „undichten Stelle“ seines Vertriebssystems durch die Beweisführung des Parallelhändlers diese sofort verschließen wird. Das Ergebnis wäre ein Pyrrhussieg: Ein gelungener Beweis, mit dem der Parallelhändler sich selbst aber gleichzeitig seine eigene Geschäftsgrundlage entzieht. Deshalb kann ein Parallelhändler diesen Beweis auch bei echter EWR-Ware oft schon aus Existenzgründen nicht führen.
Bezieht er seine Ware von Zwischenhändlern, die ihrerseits die Ware (direkt oder über weitere Zwischenstationen) von Vertragshändlern im EWR erworben haben, dann muss sich der Parallelhändler regelmäßig auf die Versicherung seines Lieferanten verlassen, dass es sich um erschöpfte und damit im EWR verkehrsfähige Ware handelt. Diese Versicherung wird allerdings als Beweis der Erschöpfung vor Gericht nicht anerkannt, da sie nur eine Behauptung des Vorlieferanten, nicht aber die tatsächliche Erschöpfung belegt. Der Vorlieferant wird dem Parallelhändler auch nicht mitteilen, woher seine Ware stammt: Erstens könnte der Parallelhändler den Vorlieferanten dann in der Lieferkette überspringen und die Ware künftig (günstiger) direkt von dessen Quelle beziehen. Zweitens würde er damit – direkt oder indirekt – den Vertragshändler „ans Messer liefern“, von dem er seine Ware bezieht.
Das Ergebnis war in der Praxis bislang oft, dass der Parallelhändler auf die bloße Behauptung hin, er habe nicht erschöpfte Markenware gehandelt, wegen Markenverletzung verurteilt wurde. Und zwar nicht, weil er Fälschungen gehandelt hätte oder es sich tatsächlich nicht um EWR-Ware gehandelt hätte. Sondern allein deshalb, weil er aus der oben beschriebenen Beweisnot heraus den Beweis, dass es sich bei der gehandelten Originalware um erschöpfte Ware handelt, faktisch nicht führen kann. Nicht selten führte dies bisher dazu, dass der Parallelhändler sämtliche Bestände der von ihm geführten Originalware (!) nicht mehr anbieten, sondern vernichten musste, weil das dann ausgesprochene gerichtliche Verbot alle Markenwaren erfasste, für die der Parallelhändler keine Erschöpfung belegen konnte (was, wie oben dargelegt, ihm ja nicht möglich war). Und zwar unabhängig davon, ob es sich um EWR-Ware handelte oder nicht.
3. Das Urteil des EuGH vom 18.01.2024: Modifikation der Beweislast unter bestimmten Voraussetzungen
Der Europäische Gerichtshof hat nun in der Rechtssache „Hewlett Packard Development Company LP ./. Senetic S.A.“ (C-367/21) ein Urteil erlassen, in dem er die bisherigen Beweislastregeln modifiziert und insgesamt für eine ausgeglichenere Beweislast sorgt. Diese trägt insbesondere der systembedingten Beweisnot des legal agierenden Parallelhändlers Rechnung, ohne dabei den Markeninhaber rechtlos zu stellen.
a) Worum geht es in dem Fall?
Hewlett Packard (HP) ist Inhaberin u.a. der Unionswortmarke „HP“ (Nr. 000052449) und der Unions-Wort-/Bildmarke „HP“ (Nr. 008579021). HP-Computerhardware wird von HP ausschließlich über Vertragshändler in einem selektiven Vertriebssystem vertrieben. Diese Vertragshändler dürfen HP-Markenware nur von HP oder von anderen Vertragshändlern beziehen, und dürfen diese nicht an kommerzielle Händler außerhalb des Vertriebssystems verkaufen. Jeder HP-Artikel ist dabei mit einer Seriennummer versehen, die es erlaubt, dieses Exemplar eindeutig zu identifizieren. Gleichzeitig betreibt HP ein IT-Tool und eine Datenbank, in der HP erfasst, für welchen Markt welcher konkrete Artikel bestimmt ist (Tracking Code System). Für andere als HP ist der Bestimmungsmarkt allerdings nicht ersichtlich, weil es keine äußerlichen Marktkennzeichnungen auf den Produkten gibt, die Datenbank nur für HP zugänglich ist und HP auch auf Nachfrage keine Auskünfte zur Marktbestimmung konkreter HP-Artikel erteilt.
Senetic S.A. (Senetic), ein polnisches Unternehmen. Senetic handelt als Parallelhändler u.a. mit HP-Originalware, ist selbst aber kein HP-Vertragshändler. Senetic behauptet, die Ware von einem im EWR ansässigen Vorlieferanten bezogen zu haben, der ebenfalls kein HP-Vertragshändler ist, gegenüber Senetic aber die Verkehrsfähigkeit der Ware im EWR versichert habe. Senetic hat erfolglos versucht, sich die Verkehrsfähigkeit von autorisierten Vertretern von HP bestätigen zu lassen. Senetic ist in Polen von HP wegen Verletzung der HP-Marken durch den Handel mit (Original-)Produkten, die diese Marken tragen, in Anspruch genommen worden. Senetic beruft sich auf Erschöpfung.
b) Die Vorlagefrage des Regionalgerichts Warschau
Das mit der Sache befasste Regionalgericht Warschau hat festgestellt, dass es aufgrund der fehlenden Marktkennzeichnung einem unabhängigen Händler wie Senetic nahezu unmöglich gemacht wird, für jeden einzelnen Artikel zu ermitteln, ob dieser für den EWR bestimmt ist, geschweige denn, den Nachweis der Erschöpfung zu führen. Es hat dem EuGH deshalb sinngemäß die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es mit den Grundfreiheiten des Binnenmarktes (Art. 34, 35 und 36 AEUV) und insbesondere der Warenverkehrsfreiheit vereinbar ist, wenn die (im Ergebnis nicht erfüllbare) Beweislast für die Erschöpfung auch dann beim Parallelhändler liegt, wenn
- der Markeninhaber ein selektives Vertriebssystem der oben beschriebenen Art betreibt,
- die Markenware keine Kennzeichen oder andere Unterscheidungsmerkmale aufweist, die es ermöglichen würden, den Ort ihres Inverkehrbringens durch den Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung zu erkennen,
- der Parallelhändler die Markenware im EWR erworben hat,
- der Vorlieferant die Verkehrsfähigkeit der Markenware im EWR bestätigt hat, und
- der Markeninhaber kein IT-Tool, Kennzeichnungssystem oder sonstiges Mittel bereitstellt, mit dem ein potentieller Käufer sich selbständig davon überzeugen kann, dass es sich um erschöpfte Ware handelt, und sich weigert, eine solche Überprüfung auf Verlangen des Käufers vorzunehmen.
c) Die Entscheidung des EuGH
Die Kernfrage ist dabei laut EuGH, „ob unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Beweislast für die Erschöpfung der Rechte aus den betreffenden Unionsmarken ausschließlich den Beklagten des Verletzungsverfahrens treffen kann.“ (Rn. 47 des Urteils).
Zur Beantwortung dieser Frage erörtert der EuGH zunächst das Spannungsfeld zwischen den Interessen des Markeninhabers einerseits und den Interessen des Parallelhändlers sowie den Grundfreiheiten des Binnenmarkts andererseits, in dem sich die Erschöpfungsregelungen bewegen (Rn. 49 ff. des Urteils). Er stellt dabei fest, dass weder die Unionsmarkenverordnung noch die Enforcement-Richtlinie (2004/48/EG) die Beweislast bei der Erschöpfung regeln (Rn. 56). Unter Bezugnahme auf die Entscheidung „Van Doren + Q“ (EuGH, Urt. v. 08.04.2003 – C-244/00, Rn. 35-37) führt er weiter aus, dass die Erfordernisse des Schutzes des freien Warenverkehrs eine Modifizierung der (nationalen) Beweisregeln gebieten, wenn diese es dem Markeninhaber ermöglichen könnten, die nationalen Märkte abzuschotten und damit den Fortbestand von Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern (Rn. 58 und 59).
Ausgehend davon kommt der EuGH dann zu seiner entscheidenden Schlussfolgerung: Jedenfalls unter Umständen, die in der Vorlagefrage zusammengefasst sind (oben b)), ist die Beweisführung für einen Parallelhändler derart schwierig bzw. sogar unmöglich, dass eine solche Modifikation zum Schutz der Grundfreiheiten des Binnenmarktes erfolgen muss. Andernfalls könnte es die Beweislastverteilung „dem Markeninhaber ermöglichen, Parallelimporten von mit dieser Marke versehenen Waren entgegenzuwirken, obwohl die Beschränkung des freien Warenverkehrs, die daraus folgen würde, nicht durch den Schutz des Rechts aus dieser Marke gerechtfertigt wäre“ (Rn. 63).
Das Ergebnis ist laut EuGH jedenfalls dann, wenn die oben unter b) aufgeführten Voraussetzungen vorliegen, eine abgestufte Beweislast: Jedes Gericht der Mitgliedstaaten muss in dieser Situation „eine Modifizierung der Beweislastverteilung für die Erschöpfung des Rechts aus den betreffenden Unionsmarken vornehmen, indem es dem Markeninhaber die Beweislast dafür auferlegt, dass er das erste Inverkehrbringen von Exemplaren der betreffenden Waren außerhalb des Gebiets der Union oder des EWR vorgenommen oder genehmigt hat. Gelingt dieser Nachweis, wird es dem Beklagten des Verletzungsverfahrens obliegen, nachzuweisen, dass dieselben Exemplare ausschließlich vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in den EWR eingeführt worden sind“ (Rn. 66).
Kurz: Es genügt jedenfalls unter den im Vorlagebeschluss genannten Umständen (oben b)) nicht mehr, wenn der Markeninhaber lediglich behauptet, die vom Parallelhändler vertriebene (Original-)Ware stamme nicht aus dem EWR. Der Markeninhaber muss diesen Umstand nun beweisen. Gelingt ihm dies nicht, z.B. weil er kein – nachweislich fehlerfrei funktionierendes! – Tracking Code System für jedes einzelne Exemplar seiner Markenprodukte betreibt, mit dem er den Ort des erstmaligen Inverkehrbringens für die vom Parallelhändler gehandelten Produkte rechtssicher belegen kann, so wird im Ergebnis die Erschöpfung vermutet. Die Beweislast für die Erschöpfung, die den Parallelhändler bisher originär getroffen hat, trifft ihn jetzt erst, wenn der Markeninhaber zunächst erfolgreich einen Ort des erstmaligen Inverkehrbringens außerhalb des EWR belegt hat. Dann erst muss der Parallelhändler den Gegenbeweis führen, dass es sich tatsächlich um EWR-Ware handelt.
4. Die Auswirkungen des Urteils auf die Praxis
Die Auswirkungen des Urteils auf die Praxis sind nicht zu unterschätzen. Überall dort, wo selektive Vertriebssysteme für Markenprodukte existieren, wird der legale Parallelhandel erheblich erleichtert. Gleichzeitig dürfte es Markeninhabern künftig sehr viel schwerer fallen, über einen erfolgreichen Verletzungsangriff auf lediglich eines oder wenige Exemplare, die (angeblich) außerhalb des EWR in Verkehr gebracht worden sein sollen, den Vertrieb des gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Bestandes an Markenware des Parallelhändlers zu unterbinden, weil diesem jede Möglichkeit genommen ist, die Erschöpfung der einzelnen Produkte zu überprüfen und ihn deshalb der Unterlassungstitel unterschiedslos für alle Markenprodukte trifft – auch für solche, die tatsächlich erschöpft sind.
Für Markeninhaber bedeutet dies, dass sie – wenn sie Parallelhandel mit Nicht-EWR-Ware verhindern wollen – entweder ihre EWR-Ware als solche kennzeichnen oder ihr Tracking Code System jedenfalls für die Abfrage „EWR / Nicht-EWR“ für dritte Händler öffnen sollten. Andernfalls wird es Parallelhändlern oft ein Leichtes sein, die Voraussetzungen für die Vermutung der Erschöpfung nach dem neuen EuGH-Urteil zu erfüllen: Sie müssten dann nämlich nur noch die Ware von einem Vorlieferanten aus dem EWR beziehen und dieser müsste die EWR-Verkehrsfähigkeit bestätigen. Alle anderen Voraussetzungen würde dann der Markeninhaber für den Parallelhändler erfüllen.
Für Parallelhändler ist die Entscheidung allerdings kein Freibrief, künftig auch Nicht-EWR Ware in Europa zu handeln. Jedenfalls bei einem fehlerfrei funktionierenden Tracking Code System und sorgfältiger Dokumentation des Handelswegs für jedes einzelne Produktexemplar wird ein professionell aufgestellter Markeninhaber häufig in der Lage sein, über dieses System den Ort des erstmaligen Inverkehrbringens außerhalb des EWR zumindest soweit zu belegen, dass die Beweislast wechselt und der Parallelhändler den Gegenbeweis für die Erschöpfung erbringen muss – was er bei Nicht-EWR-Ware unter keinen Umständen kann. Dies führt dann auch zum richtigen Ergebnis, nämlich einer Verurteilung des Parallelhändlers wegen illegalem Parallelhandel im EWR mit nicht erschöpfter Ware.
Allerdings stärkt das Urteil signifikant die Rechte derjenigen Parallelhändler, die legal mit EWR-Ware handeln: Diese können künftig jedenfalls dann, wenn sie diese von Vorlieferanten im EWR beziehen und sich von diesen die Verkehrsfähigkeit im EWR ausdrücklich bestätigen lassen, den Markeninhaber auffordern, die Verkehrsfähigkeit der Markenware auch seinerseits zu bestätigen. Tut er dies nicht (und weist die Ware auch sonst keine Erkennungsmerkmale auf, anhand derer die Identifikation als EWR- bzw. Nicht-EWR-Ware möglich ist), kann sich der legal agierende Parallelhändler im Verletzungsprozess künftig auf die Beweislastmodifikation aus dem Hewlett Packard-Urteil des EuGH berufen. Wenn es sich tatsächlich um EWR-Ware handelt, wird der Markeninhaber eine anderweitige Herkunft regelmäßig nicht beweisen können. Auch hier ist das Ergebnis richtig: Der legale Parallelhandel scheitert nicht mehr daran, dass dem Parallelhändler ein unmöglicher Beweis für die Erschöpfung auferlegt wird, den dieser faktisch nicht führen kann.
Es darf mit Spannung erwartet werden, wie die nationalen Gerichte die Entscheidung des EuGH umsetzen werden.